Das Bauen hat Tradition, Bauen bedeutet auch baukulturelle Entwicklung.
Gesichertes Erfahrungswissen und bewährte Baumethoden aus früheren
Zeiten gilt es zu bewahren, Verschüttetes ist wieder präsent
und nutzbar zu machen, zumal sich "neuere Entwicklungen" zu oft als fehlerhaft
erweisen.
Besonders die neue Energieeinsparverordnung (EnEV) wird heftig diskutiert;
die unterschiedlichen Auffassungen prallen hart aufeinander. Im Widerstreit
der Meinungen steht der interessierte Laie diesem Hin und Her hilflos gegenüber.
Was ist nun richtig und worauf kann man sich verlassen? Was muß
getan werden und welche Konsequenzen sind zu ziehen?
1. Was heißt Wärmeschutz im Altbau?
Die Grundlage für einen erforderlichen Gebäudewärmeschutz
ist immer das Klima.
Im mediterranen Raum wird nachhaltig massiv mit speicherfähigen
Materialien gebaut. Die Sonnenstrahlung ist derart intensiv, daß
man sich davor schützen muß. Auch für die nächtlichen
Abkühlungen ist der Massivbau hervorragend geeignet, da er die am
Tage aufgenommene Energie dann in der Nacht wieder abgeben kann. Innen
herrscht dadurch ein ausgeglichenes, angenehmes Raumklima.
Im hohen Norden mit sehr geringer (oder keiner) Sonneneinstrahlung
werden mehr die "Leicht"-Konstruktionen mit guter Dämmwirkung erforderlich.
Das Iglu (Schnee ist ein schlechter Wärmeleiter) kann hier als ein
traditionell bedingtes Beispiel angeführt werden.
Wir in Mitteleuropa liegen dazwischen und brauchen beides. Die
Speicherwirksamkeit und Dämmfähigkeit einer Außenkonstruktion.
Dies hat Sinn und hat sich demzufolge historisch auch so entwickelt.
Die Speicherung wird günstiger bei schweren, massiven Baustoffen,
die Dämmung wird günstiger bei leichten, porösen Baustoffen.
Insofern muß eine zwischen Dämmung und Speicherung liegende,
gut ausgewogene Konstruktion gewählt werden. Dies ist der traditionsreiche
Massivbau, der Ziegelbau. Eine solide Mischung beider Eigenschaften schafft
in unseren Breiten gesunde Wohnverhältnisse und spart obendrein noch
Energie.
Auf diese Notwendigkeiten nimmt die Energieeinsparverordnung keine
Rücksicht.
2. Warum hilft Speicherung Energie sparen?
Leben auf der (speicherfähigen) Erde verdanken wir der Sonne.
Solarstrahlung erwärmt nur Materie – aber keine Luft. Gäbe es
diesen segensreichen Energiespender nicht, der Planet wäre kalt und
unbewohnbar. Jeder kennt die wohltuende Wärme der Sonnenstrahlen;
hochalpine Skifahrer genießen diese, obgleich Minusgrade herrschen.
Gerade im Winter bei tiefliegender Sonne werden speicherfähige
Wände besonders günstig mit Energie beliefert. Wird dieser kostenlose
Energietransfer absorbiert, wird auch die Energiebilanz des Gebäudes
günstig beeinflußt. Massivabsorber, Transparente Wärmedämmung,
Sonnenkollektoren und Photovoltaik sind bekannte Techniken, um Sonnenenergie
nutzbar zu machen. Nur wird diese Art einer technischen Nutzung recht teuer,
da sie apparative Zusatzeinrichtungen erfordert.
Zur Solarenergienutzung gibt es aber auch günstige Alternativen.
Die simple und bewährte massive Außenwand leistet als Massivabsorber
ohne zusätzliche Investitionen seit Jahrhunderten gute Dienste. Die
eingespeicherte Solarenergie stoppt durch einen von außen nach innen
fließenden Wärmestrom den Wärmestrom von innen nach außen.
Insofern mindert gespeicherte Sonnenenergie die Transmissionswärmeverluste
eines Gebäudes. Um kostenlose Solarenergie sinnvoll zu nutzen, wäre
hier der goldene Mittelweg zwischen Dämmfähigkeit und Speicherfähigkeit
anzustreben. Die Beschränkung allein auf die Dämmung (also den
k-Wert) führt deshalb in unseren Breiten nicht zu einer energetisch
optimal abgestimmten Außenwand, denn es muß nicht nur für
den Winter, sondern auch für den Sommer gebaut werden. Die naturgemäß
vorhandene Speicherung von massiven Außenwänden findet in der
Energieeinsparverordnung keinerlei Berücksichtigung.
3. Was bedeutet der k-Wert?
Im Gebäudewärmeschutz ist der k-Wert überall präsent.
Dieser wird aus der Fourierschen Wärmeleitungsgleichung, auf die man
sich immer beruft, abgeleitet. Die Ursprungsgleichung besteht aus fünf
Teilen, die folgende Merkmale beschreiben:
-
a) die Speicherfähigkeit des Baustoffes,
-
b) Die Wärmeleitung in den drei Richtungen innen-außen,
oben-unten und seitwärts, wobei die beiden letzteren unberücksichtigt
bleiben, so daß nur die Richtung innen-außen verbleibt.
-
c) Die Solarstrahlung als sonstige Wärmequelle.
Diese allgemeine, für den instationären Zustand zutreffende Gleichung
wird nun für den stationären Zustand durch die mathematische
Operation einer "Nullsetzung" völlig verwandelt. Einzig aus dieser
Verwandlung resultiert der dann nur für den Beharrungszustand geltende
k-Wert, der bei allen Energiebedarfsberechnungen die Grundlage bildet;
hier beruft man sich seltsamerweise auf „europäische Normen“.
Diese Nullsetzung der allgemeinen Gleichung hat jedoch für die
Energiebilanz einer Außenwand und damit für die tatsächlichen
Transmissionswärmeverluste verheerende Folgen:
-
a) Die Speicherfähigkeit wird null; das heißt, der k-Wert berücksichtigt
nicht diese in unseren Breiten so wertvolle Eigenschaft einer Außenwand
als Energie-Absorber.
-
b) Es wird damit eine konstante Wärmestromdichte, die ja bei jeder
Temperaturberechnung die Grundlage bildet, angenommen bzw. vorausgesetzt.
Die Realität einer massiven Außenwand zeigt jedoch überall
in Größe und Richtung unterschiedliche Wärmestromdichten.
-
c) Auch die Solarstrahlung wird mit null angenommen. Dies aber kann nur
in einer Klimakammer simuliert werden; in der Realität dagegen liegt
immer eine Strahlung vor, selbst wenn es nur die diffuse Strahlung ist,
die immerhin ca. 40 % der direkten Strahlung ausmacht. Ein Nordfenster
liefert ja auch solare Wärmegewinne.
Insofern ist der k-Wert nur eine rechnerische Fiktion. Energieverbrauchsanalysen
zeigen deshalb auch die Diskrepanz zwischen Rechnung und Verbrauch. Massive,
speicherfähige Wände verbrauchen
weniger Energie als gerechnet,
Leichtkonstruktionen jedoch mehr als gerechnet. Das Fehlerhafe einer k-Wert-Berechnung
wird damit offenbar, die Unzuverlässigkeit unmißverständlich
aufgezeigt. Altbauten werden somit benachteiligt. In der Energieeinsparverordnung
wird allerdings nur mit dem k-Wert gerechnet.
4. Wie werden die Transmissionswärmeverluste beschrieben?
Trotz dieser entscheidenden Fehler wird von seiten der Administration
und der industriefreundlichen Wissenschaft am nur für den Beharrungszustand
geltenden k-Wert dogmatisch festgehalten. Obgleich er logischerweise immer
falsche Ergebnisse liefert, wird der k-Wert zum fatalen Symbol des Wärmeschutzes
erhoben und in allen Energiebedarfsberechnungen eingesetzt. Der k-Wert
gilt nur für den stationären Zustand, für den Beharrungszustand,
der im 24stündigen Rhythmus einer Tag/Nachtperiode jedoch nie eintritt.
Warum aber spielt der k-Wert dann eine derart dominierende Rolle?
In der Heiztechnik wird bei der Wärmebedarfsberechnung seit jeher
der k-Wert für die Bemessung der Heizkörper und des Heizkessels
verwendet. Bei den bisherigen Massivbauten ergibt sich durch die fehlerhafte
Berechnung eine Überdimensionierung der Heizungsanlage. Dies ist tolerierbar,
da ein gewisser Wärmepuffer damit geschaffen wird.
Dagegen wird bei den jetzigen Leichtbauten in Schichtenbauweise mit
dem k-Wert unterdimensioniert, da der Wärmebrückeneffekt methodisch
fehlerhaft berücksichtigt wird.
Auch bei den verwendeten dynamischen Simulationsmodellen zur Aufrechterhaltung
einer vorgegebenen Raumlufttemperatur wird für die Außenwand
immer nur der für den Beharrungszustand gültige k-Wert verwendet.
Dabei werden die für den Heizungsingenieur so wichtigen Kühllasten
berechnet, damit Überheizungen infolge eindringender Solarenergie
über die Fenster vermieden werden. Auch eventuelle Nachtabsenkungen
werden dabei angesprochen. All diese theoretischen Untersuchungen verwenden
den realitätsfernen k-Wert; sie können somit auch nicht als Begründung
für die Richtigkeit herangezogen werden. Der Einsatz des k-Wertes
in der Energieeinsparungsverordnung ist und bleibt fehlerhaft.
5. Führt eine k-Wert-Verschärfung zur angestrebten Energieeinsparung?
Die Novellierungen der Wärmeschutzverordnungen zum Zwecke erhöhter
Energieeinsparungen bestehen stetig in einer Verschärfung der Anforderungen
– sprich der k-Werte.
Sollte die Gültigkeit des k-Wertes nun trotz der Fehlerhaftigkeit
einmal angenommen werden, dann gibt es zwei Gründe, die dieses ständige
Verschärfen, auch jetzt wieder besonders bei der Energieeinsparverordnung,
ad absurdum führen: Dies sind der Wärmebrückeneinfluß
und die Mathematik.
Bei einer Leichtkonstruktion in Schichtbauweise verstärkt sich
vehement der Wärmebrückeneinfluß. Der Wärmebrückenanteil
am k-Wert ist kein absoluter Wert, wie in der Energieeinsparverordnung
berücksichtigt, sondern abhängig von Konstruktion und „Anforderungsniveau“.
Was theoretisch durch „kleinere k-Werte“ gewonnen wird, geht durch erhöhte
Wärmebrückenverluste teilweise wieder verloren. Bei der Leichtbauweise
sind Wärmebrücken ein Problem. Bei einer monolithischen Massivkonstruktion
dagegen spielen die Wärmebrückenverluste kaum eine Rolle: Erstens
werden sie durch eine günstigere Temperaturverteilung in der Wand
minimiert und zweitens werden sie durch die Absorption solarer Energie
vorteilhaft überlagert und eliminiert.
Die Verschärfung des Anforderungsniveaus durch Herunterfahren der
k-Werte wird jedoch besonders aus mathematischen Gründen unsinnig.
Die Funktion des k-Wertes ist eine Hyperbel, die kleine k-Werte nicht mehr
nachhaltig Energie sparen läßt; sie sind nicht mehr effizient;
auch die Wirtschaftlichkeit ist dann nicht mehr gegeben.
Dieses fatale Naturgesetz besagt:
5 cm Dämmstoff ergibt einen k-Wert
von 0,8 W/m²K
10 cm Dämmstoff ergibt einen k-Wert von 0,4 W/m²K
20 cm Dämmstoff ergibt einen k-Wert von 0,2 W/m²K
40 cm Dämmstoff ergibt einen k-Wert von 0,1 W/m²K
Die Verdoppelung der Dämmung führt lediglich zu einer Halbierung
des k-Wertes. Welch makabres Spielchen beim "Verschärfen des Anforderungsniveaus".
Allein dieser energetisch nutzlose Einbau von Superdämmungen ist
der Grund, weshalb immer nur von prozentualen Einsparungen gesprochen wird.
Bei den einzelnen oben angeführten Schritten wird der k-Wert jeweils
um 50% reduziert, was eine "gewaltige"
Energieeinsparung suggeriert. In Wirklichkeit handelt es sich bei den
kleineren k-Werten um vernachlässigbare Größen. Von Umweltentlastung
kann deshalb überhaupt keine Rede sein.
Wenn dann noch bedacht wird, daß die „Verbesserung“ des k-Wertes
um 0,1 W/m²K etwa 0,40 DM/m² (Konstruktionsfläche) ergeben,
dann wird klar, daß das grenzenlose Herunterfahren der k-Werte unsinnig
ist. Die Machbarkeit ist ein falscher, ein betrügerischer Weg für
sinnvolle Energieeinsparmaßnahmen.
Das Energieeinsparungsgesetz fordert im § 5 die Wirtschaftlichkeit.
Bei Erfüllung der in der Energieeinsparverordnung geforderten k-Werte
wird also auch gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot im Energieeinsparungsgesetz
verstoßen.
Es ist unverantwortlich, daß der Verordnungsgeber vom Architekten,
vom Planer, vom Investor mit der Energieeinsparverordnung de facto Gesetztesverstöße
verlangt.
6. Welche Nachteile ergeben sich bei der Leichtbauweise?
Infolge der einseitigen, stationären Sichtweise (gute Dämmung
durch kleine k-Werte) beeinflußt dieser bautechnische Trend zur Leichtbauweise
durch Überheizung das Innenklima ungünstig. Dies führt automatisch
zu unbehaglichen Wohnverhältnissen, die nur mit hohem apparativen
Aufwand gemildert werden können. Barackenklima ist die natürliche
Folge.
Die Abkehr von der Massivbauweise (Speicherung) und die Hinwendung zur
k-Wert-minimierenden Leichtbauweise (Dämmung) bedeutet im Endergebnis
einen erhöhten Energieverbrauch durch Kühlung im Sommer und Nichtnutzung
solarer Energie im Winter, bedeutet verstärkte Umweltverschmutzung
durch Sondermüll und erhöhte Schadensanfälligkeit durch
Feuchteschäden. All diese Nachteile werden durch den monolithischen
Massivbau vermieden. Mit der Energieeinsparverordnung werden falsche Weichen
für das Bauen gestellt.
7. Kann am Altbau mit Wärmedämmung Energie gespart werden?
Gegenwärtig beherrscht das stationäre Denken und Rechnen
der etablierten Bauphysik den Gebäudewärmeschutz. Diese Einseitigkeit
benachteiligt die Altbauten. Eine Wärmedämmung aus Dämmstoff
ist sehr leicht und deshalb nicht speicherfähig. Die große Dämmwirkung
wird allein durch die k-Wert-Berechnung erreicht. Für Leichtkonstruktionen
und Leichthäuser muß also Dämmstoff eingebaut werden.
Der traditionelle Altbau mit seiner schweren Bausubstanz besitzt eine
hohe Speicherfähigkeit, die die kostenlos zur Verfügung stehende
Solarstrahlung nutzbringend verwerten kann. Bei Altbauten kann also die
Speicherfähigkeit der Konstruktion mit einbezogen werden, so daß
sich aus der Berücksichtigung absorbierter Solarstrahlung "effektive"
k-Werte ergeben, die sogar niedriger als stationär gerechnete "Superdämmungen"
sein können. Massivbauten sind auch Niedrigenergiehäuser.
Insofern würde eine außen angebrachte Wärmedämmung
nur den Vorteil einer speicherfähigen Wand beseitigen und diese dadurch
energetisch entwerten, abgesehen von anderen Nachteilen wie z. B. die Verhinderung
des Feuchtetransportes nach außen und/oder innen infolge sorptionsdichter
Schichten.
Allerdings muß vorausgesetzt werden, daß es sich mindestens
um 38 cm starke, ca. 300 kg/m² schwere Massivwände handelt, die
selbst schon einen relativ günstigen Dämmanteil enthalten und
den fehlenden Anteil zur "energiesparenden Konstruktion" dann durch die
Speicherfähigkeit der Außenwand beisteuern. Wenn also instationär
gedacht und gerechnet wird, dann ist eine Wärmedämmung beim Massivbau,
also auch beim Altbau, fehl am Platz.
Diese Feststellung hat für den Altbau deshalb besondere Bedeutung,
da jetzt die "Notwendigkeit" (?) proklamiert wird, den Altbaubestand infolge
"schlechter k-Werte" energetisch "ertüchtigen zu müssen". Dies
bedeutet dann erfahrungsgemäß die Verpackung mit Wärmedämmstoff,
um niedrige k-Werte gemäß DIN 4108 berechnen zu können.
Mit dieser Verpackungsstrategie in der Energieeinsparverordnung wird jedoch
zusätzliche Energie kaum gewonnen.
8. Ist eine dichte Gebäudehülle am Altbau sinnvoll?
Die Luftdichtheit der den Innenraum umgebenden Bauteile (Wand, Decke)
wurde schon seit jeher gefordert. Dies war notwendig, um Kondensat infolge
Abkühlung der nach außen strömenden warmen Innenraumluft
im Außenwandbauteil zu vermeiden. Bei Massivbauten ist die Luftdichtheit
immer gewährleistet (verputzte Außenwand und Massivdecke). Bei
Skelettbauten jedoch läßt sich eine vollkommene Luftdichtheit
konstruktiv-handwerklich nur schwer herstellen. Deshalb war es bei der
Leichtbauweise bisher Stand der Technik, hinterlüftete Wand- bzw.
belüftete Dachkonstruktionen zu wählen, damit eventuelles Kondensat
ab- und weggelüftet werden konnte.
Mit der Abschaffung der belüfteten Konstruktion durch den "Vollwärmeschutz"
entstehen bei Leicht- und Skelettkonstruktionen infolge der konstruktiv
nicht immer zu vermeidenden Luftundichtheit Feuchteschäden durch Luftströmung.
Die Bauschadensfälle nehmen rapide zu. Dies aber kennzeichnet die
unbelüftete Leicht- und Skelettkonstruktion insgesamt als eine recht
fragwürdige Konstruktion.
Anstatt nun bei solchen "windigen" Lösungen zur belüfteten
Konstruktion zurückzukehren, wird die "Luftdichtheitsprüfung"
geboren (wie immer wird ein Fehler durch einen zweiten Fehler zu beheben
versucht). Zur Begründung werden nicht die zu erwartenden Feuchteschäden,
sondern die damit zusammenhängenden Energieverluste genannt. Die durch
Luftundichtheit entstehenden Energieverluste sind jedoch gegenüber
dem notwendigen stündlichen Luftwechsel vernachlässigbar gering.
Zur Vervollständigung des Durcheinanders werden in der Energieeinsparverordnung
nun "alle" Bauten mit der Luftdichtheitsprüfung konfrontiert, obgleich
für Massivbauten, also auch für die Altbauten, die Gefahr einer
Kondensatbildung im Außenwandgefüge nicht gegeben ist. Insofern
bedeutet z. B. der Slogan "Luftdichtheit senkt den Energieverlust", mit
dem Büros für die "Blower-Door-Messung" werben, eine Irreführung
des Kunden. Allerdings eröffnet sich hier auch ein vielversprechender
Markt, der bei Beachtung der "allgemein anerkannten Regeln der Technik"
erst gar nicht entstanden wäre.
9. Kann eine Wärmedämmung den Altbau schädigen?
Bauschäden durch Kondensat wie Schimmelpilz innen und Algenbildungen
außen treten in der Praxis verstärkt auf. Die Therapievorschläge
führen immer zu „besseren Dämmungen“. Damit werden jedoch nicht
die Ursachen der Bauschäden beseitigt. Kondensat entsteht immer nur
dann, wenn Luft auf die Taupunkttemperatur abgekühlt wird. Diese jedoch
wird maßgebend von der relativen Feuchte der Luft bestimmt. Dies
widerlegt das Argument, die Ursache einer Kondensatbildung sei vor allem
eine mangelhafte Wärmedämmung mit zu geringer Wandoberflächentemperatur.
Nicht der k-Wert ist schuld, sondern die zu hohe relative Luftfeuchtigkeit.
Selbst eine "sehr gute" Dämmung kann bei hoher Luftfeuchtigkeit eine
Kondensatbildung nicht verhindern.
Alte Bausubstanz aus Gründen der Kondensatvermeidung mit Dämmstoff
zu verpacken, wäre also der falscheste Weg, da die viel gravierendere
Ursache der Kondensatbildung, die hohe relative Feuchte der Raumluft infolge
dichter Fenster, damit nicht beseitigt wird.
Die Nachteile wären:
- Mit einer Außendämmung wird die energiebringende
und damit temperaturausgleichende Solarstrahlung von der Bausubstanz ferngehalten.
Es wird die dankenswerterweise kostenlose äußere Energieversorgung
gekappt.
- Auch eine Innendämmung zieht Feuchteschäden magisch an,
da das Temperaturgefüge nachteilig beeinflußt wird; man muß
mit Dampfsperren arbeiten, die wiederum das Sorptionsvermögen der
Außenwände stark beeinträchtigen.
Die Bauschadensträchtigkeit dämmstoffverpackter Fassaden ist
hoch. Auf die besonderen Brandgefahren sei extra hingewiesen.
Mit der Verwendung von Dämmstoff besteht beim Altbau die große
Gefahr, durch damit verursachte Bauschäden wertvolles Bausubstanz
zu gefährden, wenn nicht sogar zu zerstören. Am Massivbau hat
Wärmedämmstoff keine Daseinsberechtigung.
Noch ein wichtiger Hinweis zur Kondensatbildung:
Da die Raumlufttemperatur bei einer Strahlungsheizung immer niedriger
als die Wandtemperatur ist, wird Kondensatbildung konsequent vermieden.
Schimmelpilzbildung entsteht also nur bei Konvektionsheizungen.
10. Gehen von Wärmedämmungen Gesundheitsgefahren aus?
Wenn von Gesundheitsgefahren die Rede ist, dann gehen die Meinungen
weit auseinander. Bedeutet Gesundheit das Fehlen einer Krankheit oder kann
Gesundheit mit Wohlbefinden gleichgesetzt werden? Führt die Summe
vieler Einbußen im Wohlbefinden eventuell zur Krankheit und wie reagieren
die Allergiker? Trotz dieser Vielschichtigkeit und schwierigen Begriffsbildung
kann festgestellt werden:
Faserige Mineraldämmstoffe stehen im Verdacht, Lungenkrebs
zu fördern.
Das Dementi der Industrie kam prompt.
Die erhöhte Brandgefahr von Wärmedämmverbundsystemen
aus Hartschaum und die damit verbundene Gefährdung durch toxische
Gase steht außer Zweifel. Die gesteuerten Energiespardiskussionen
umgehen jedoch dieses Thema.
Die nachträgliche energetische Sanierung einer Altbausubstanz durch
ein Wärmedämmverbundsystem führt zu Veränderungen im
Innenraumklima. Es dominiert das Gefühl der Feuchte - es muß
deshalb verstärkt gelüftet werden. Mit dem Aufbringen von Dämmstoffen
an alter Bausubstanz wird das Sorptionsverhalten wesentlich verändert,
da die notwendigen Sorptionseigenschaften fehlen. Die Transportrichtung
von Wärme und Feuchte muß immer gleich sein. Wird die Feuchte
infolge sorptionsdichter Außenschichten nach innen abgegeben, dann
ist falsch konstruiert worden.
Gerade die Sorptionseigenschaften einer massiven Außenschale tragen
zum Wohlbefinden bei. Das hohe Temperaturniveau infolge absorbierter Solarstrahlung
führt zu verstärkten diffusiven und kapillaren Feuchtetransporten
nach außen. Die Außenkonstruktion bleibt dann auch bei erhöhten
Feuchtebelastungen trocken.
Bei übermäßiger Feuchteproduktion (Kochen in der Küche,
Duschen im Bad, viel Blumen und ein Aquarium im Wohnzimmer) nehmen sorptionsfähige
Schichten (z. B. Kalkputz, Holzverkleidungen) die Feuchtespitzen auf und
puffern diese ab; es findet ein Ausgleich der relativen Feuchten zwischen
Raumluft und Wandoberfläche statt.
Ähnlich verhält sich eine speicherfähige Innenoberfläche
auf thermische Spitzen. Erfolgt eine Überhitzung des Raumes, dann
bauen absorptionsfähige Oberflächen die erhöhten Temperaturen
ab, es findet ein Temperaturausgleich statt. Fehlen sorptionsfähige
Oberflächenmaterialien im Raum, dann muß für die Wohngesundheit
mit hohem technischen Aufwand und viel Geld Ersatz für die nicht vorhandenen
günstigen Materialeigenschaften geschaffen werden: Überheizung
muß mit Kühlung, eine hohe Raumluftfeuchte mit Lüftungs-
bzw. Klimaanlage begegnet werden - beides zwar technisch machbar, aber
für den Normalfall nicht empfehlenswert. Anschaffung und Betrieb wären
zu kostenaufwendig.
Das Schallverhalten einer Außenwand kann durch eine Wärmedämmverbundsystem
ungünstig beeinflußt werden, die Schalldämmung wird verschlechtert.
Die psychologischen und physiologischen Auswirkungen "neuer Bauweisen"
werden nur recht zaghaft zur Diskussion gestellt. In diesem Zusammenhang
muß das "Sick-Building-Syndrom"
erwähnt werden. Altbausubstanz kennt diese Gefahren nicht. Die Energieeinsparverordnung
nimmt auf all diese wichtigen und entscheidenden Dinge keine Rücksicht.
11. Wie sind DIN-Normen zu werten?
Allgemein verbindlich sind nur die "allgemein anerkannten Regeln der
Technik". Dem stehen die DIN-Normen gegenüber. Im Bauvertragsrecht
spielen diese erst dann eine Rolle, wenn sie als Vertragsbestandteil besonders
vereinbart werden. Sich auf Normen zu stützen, ist nicht immer Verlaß,
denn es muß beachtet werden:
-
DIN ist ein Selbstverwaltungsorgan der Wirtschaft und seit über 75
Jahren privatrechtlich organisiert.
-
Im Vorspann von zusammengefaßten DIN-Normen steht in den "Hinweisen
für den Anwender":
-
"DIN-Normen sollen sich als "anerkannte Regeln der Technik" einführen.
Bei sicherheitstechnischen Festlegungen in DIN-Normen besteht überdies
eine tatsächliche Vermutung dafür, daß sie "anerkannte
Regeln der Technik" sind. DIN-Normen sind nicht die einzige, sondern eine
Erkenntnisquelle für technisch ordnungsgemäßes Verhalten
im Regelfall. Durch das Anwenden von Normen entzieht sich niemand der Verantwortung
für eigenes Handeln. Jeder handelt insofern auf eigene Gefahr".
-
Deutlicher kann die Unverbindlichkeit von DIN-Normen nicht charakterisiert
werden. Trotzdem versucht DIN den Eindruck zu erwecken, eine a. a. R. d.
Bt. zu sein, scheut sich aber offensichtlich vor der Verantwortung.
-
In einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts steht unter anderen:
-
"Daneben gehören den Normausschüssen des DIN aber auch Vertreter
bestimmter Branchen und Unternehmen an, die deren Interessenstandpunkte
einbringen. Die Ergebnisse ihrer Beratungen dürfen deshalb im Streitfall
nicht unkritisch als geronnener Sachverstand oder als reine Forschungsergebnisse
verstanden werden“.
-
Und weiter: „Andererseits darf aber nicht verkannt werden, daß es
sich dabei zumindest auch um Vereinbarungen interessierter Kreise handelt,
die eine bestimmte Einflußnahme auf das Marktgeschehen bezwecken".
-
In BGH-Urteilen wird diese Sachlage bestätigt.
DIN ist also eine denkbar schlechte Basis für den Nachweis wissenschaftlicher
Richtigkeit.
Es stellen sich damit für den Praktiker folgende Fragen:
-
Können Schreibtisch-Normen bewährtes Erfahrungswissen in der
Bautechnik ablösen?
-
Sind die aus der Erfahrung heraus gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse
oder statt dessen Vereinbarungen interessierter Kreise wichtig?
-
Soll kreatives Ingenieursdenken durch administrative Verordnungstexte ersetzt
werden?
Wie "flexibel" DIN-Normen sind, zeigt der Feuchtenachweis in der DIN 4108.
Früher war eine trockene Konstruktion Stand der Technik. DIN paßte
sich dem an und deshalb hieß es in der DIN 4108, "Wärmeschutz
im Hochbau" früherer Jahre:
"Auch im Innern von unsachgemäß aufgebauten Bauteilen kann
Tauwasser auftreten, besonders dann, wenn sie mehrschichtig und die Schichten
unzweckmäßig hintereinander angeordnet sind".
Tauwasser in der Konstruktion war damals also nicht Stand der Technik
und galt demzufolge als unsachgemäß! Heute bietet die Industrie
Chemieprodukte an, die bei Schichtkonstruktionen wegen der gefährlichen
Sorptionsdichtheit und der ungenügenden Diffusionsfähigkeit automatisch
zur Tauwasserbildung führen.
Die DIN mußte deshalb "technisch weiterentwickelt" werden. Die
Auffassung von der Notwendigkeit einer kondensatfreien Konstruktion wurde
korrigiert. Jetzt darf im Winter Tauwasser bis zu 1 Liter (bzw. ½
Liter) pro Quadratmeter auftreten, wenn dieses im Sommer wieder ausdiffundiert!
Die dem Nutzer dienende Forderung nach Kondensatfreiheit der Konstruktion
wurde umgedeutet in eine jährliche Tauwasserbilanz. Laßt doch
die Konstruktion im Winter feucht werden, die Hauptsache ist, daß
sie im Sommer wieder austrocknet. Welch ein technischer Fortschritt, wenn
man bedenkt, daß trockene Konstruktionen nicht im Sommer, sondern
im Winter wichtig werden.
Die DIN behandelt im Teil 5 nur den Feuchtetransport durch Diffusion.
Viel wichtiger und entscheidender ist jedoch der kapillare Transport von
Feuchtigkeit, der an die Außenoberfläche treten und dort verdunsten
kann. Kapillarer Wassertransport wird jedoch durch Chemieprodukte wie Dämmschichten,
Folien und Beschichtungen weitgehend unterbunden. Bei WDV-Systemen besteht
deshalb immer die Gefahr, daß Konstruktionen durchfeuchten. Besonders
bei der Innendämmung muß damit gerechnet werden. All dies führt
zu ungesunden Wohnverhältnissen.
DIN-Normen (und jetzt Euro-Normen EN) sind industrie- und wirtschaftsorientiert.
Demzufolge haben sich "fortentwickelte Normen" oft als fehlerhaft und falsch
erwiesen.
Bei der Unverbindlichkeit der Normen ist auch der Versuch in der Energieeinsparverordnung
§ 15 bedenklich, Normen nun auf dem Verordnungswege zu a. a. R. d.
T. umfunktionieren zu wollen; das rechtliche und fachliche Durcheinander
wäre vollkommen.
Wegen der technischen Fehler in der DIN, übertriebener Kooperation
mit der Wirtschaft und des großen lobbyistischen Einflusses der Industrie
müssen die DIN-Vorschriften mit großer Zurückhaltung und
Vorsicht angewendet werden. Mehr Verlaß ist auf die a. a. R. d. Bt,
die sich von der Bindung der Industrie loslösen (sollten).
Es werden Regelungen in der DIN vorgeschlagen, die teilweise von unzutreffenden
Voraussetzungen ausgehen und gegen Naturgesetze verstoßen. DIN fühlt
sich demzufolge mehr dem Marktgesetz einer Produkteinführung mit parallel
beabsichtigter Gewinnmaximierung verpflichtet als dem Handwerker, dem Ingenieur
und dem Kunden. Was dem Verbraucher hier zugemutet wird, entspricht nicht
mehr einem vernünftigen Handeln. Bei der Energieeinsparungsverordnung
stützt man sich weitgehend auf eingeführte DIN-Normen.
12. Liegen weitere Widersprüche in der Energieeinsparverordnung
vor?
Durch die normierten Randbedingungen reduziert sich die Energieeinsparverordnung
zu einem km-Wert-Verfahren. Genauso, wie der dritte Entwurf der WSchVO
1995, der als "Energiebilanzverfahren mit neuer Methodik" gefeiert wurde,
zu einem km-Verfahren mit sieben Varianten mutiert, genauso verwandelt
sich die EnEV zu einem km-Verfahren - allerdings mit noch mehr Varianten.
Da die Energieeinsparverordnung wiederum wie bisher den Nachweis über
die so beliebten k-Werte fordert, führt diese grundsätzliche
Fehleinschätzung zu weiteren fehlerhaften Regelungen:
-
1. Die energetische Gleichmacherei aller Bauten durch einheitliche "Anforderungen"
entspricht nicht der klimatischen Vielfalt in der Bundesrepublik. Hier
ergeben sich große Diskrepanzen zwischen wärmeren und kälteren
Regionen. Frühere Vorschriften haben noch drei Wärmedämmgebiete
unterschieden, heute wird überall "gleich gedämmt". Diese Vereinheitlichung
des Dämmstoffeinbaues dient deshalb ausschließlich den Vermarktungsinteressen
der Fertighaushersteller und Systemanbieter, die ihre Produkte überall
verkaufen wollen. Auch dem ausländischen Anbieter werden damit einheitliche
Lieferbedingungen eingeräumt. Handwerkliche Erfahrung und regionalspezifische
Bauweisen gehen dabei verloren.
-
2. Man unterscheidet Primärenergie, Heizenergie und Heizwärme.
Die Begriffsausweitungen nehmen zu und man hat den Eindruck, daß
komplizierte Begriffsdefinitionen Fachlichkeit und Genauigkeit betonen
sollen. Ein Gesamtheizenergiebedarf kennzeichnet doch aber nicht den Verbrauch
(und auf den kommt es an), denn es wird wiederum nur mit normierten Annahmen
gerechnet - und das auch noch bei einer falschen, weil stationären
Basis. Die Diskrepanz zwischen (falscher) Beharrungszustands-Rechnung,
dem Bedarf, und tatsächlichem Verbrauch wird auch deshalb zunehmen,
weil die verwendeten "normierte Daten" radikal vermehrt werden.
-
3. Der Nutzwärmebedarf für die Warmwasserbereitung wird für
Wohngebäude mit dem konstanten Wert von 4 kWh/m³a, für andere
Gebäude von 0 kWh/m³a angesetzt. Zunächst einmal ist zu
sagen: Konstante Werte können weggelassen werden, sie "bereichern"
nur unnötigerweise die Berechnung. Zum anderen ist zu sagen: Gerade
der Warmwasserverbrauch ist doch nicht überall konstant - und was
geschieht bei den anderen Gebäuden, liegt er dort denn überall
bei Null? Die Berücksichtigung des Warmwassers kumuliert jedoch vollends
zur Farce, da der zulässige Jahres-Heizwärmebedarf Q der Tab.
1 um diese konstanten Werte "überschritten werden kann". Was soll
dann die Einbeziehung des Warmwassers? Dies ist völlig unsinnig. Warum
kann hier nur wegen des Warmwasserbedarfs die maximale Begrenzung des Heizenergiebedarfs
überschritten werden? Dies widerspricht doch dem Grundgedanken, den
Heizenergiebedarf von Gebäuden zu begrenzen.
-
4. Die Wärmeverluste des Heizsystems werden als „Verlustgröße“
des Gebäudes behandelt. Hier ist die Frage zu stellen, wo denn diese
Verluste bleiben? Es ist doch wohl anzunehmen, daß sie im Gebäude
verbleiben und somit nicht als Heizsystem-Verluste, sondern als innere
Wärmegewinne zu betrachten sind.
-
5. Auch die aus der Umwelt genommene Wärme wird berücksichtigt.
Nirgends ist jedoch ein Hinweis zu finden, daß absorbierte Solarstrahlung
mittels Speicherung durch Außenwände berücksichtigt wird.
Aber eine solche Form der Nutzung "erneuerbarer Energien" wird systematisch
ignoriert, der Beharrungszustand vehement verteidigt, damit der k-Wert
bleibt und die Superdämmungen ihre Chance bekommen.
-
6. Es werden wie bisher vom Volumen Ve und von der Nutzfläche
AN abhängige Höchstwerte aufgelistet. Da das Verhältnis
Nutzfläche zu Volumen mit 0,32 festgelegt ist und das Verhältnis
der beiden Anforderungsniveaus Q' zu Q" ebenfalls 0,32 beträgt, ist
es völlig egal, ob über das Volumen oder über die Nutzfläche
gerechnet wird; in beiden Fällen kommt das gleiche Ergebnis heraus.
Diese völlig unnötige Unterscheidung soll offensichtlich nur
eine nicht vorhandene Vielfalt der Bearbeitung vortäuschen.
-
7. Auch die Abhängigkeit des Anforderungsniveaus vom A/Ve-Verhältnis
ist methodisch widersinnig. Man meint, ein großes A/Ve-Verhältnis
beschreibe differenzierte und gestalterisch aufgelockerte Baukörper,
ein kleines A/Ve-Verhältnis dagegen einen kompakten, energiesparenden
Baukörper. Dies stimmt nur für gleiche Gebäudevolumen, stimmt
also nicht generell. Diese Vorstellung wird aber nun unzulässigerweise
verallgemeinert und findet deshalb als Maßstab für das Anforderungsniveau
im Wärmeschutz Berücksichtigung. Immerhin kann ein Kubus als
extrem günstige Form energiesparenden Bauens völlig unterschiedliche
A/Ve-Verhältnisse aufweisen. Die Werte reichen von 0,25 (Kantenlänge
24 m) bis 1,2 (Kantenlänge 5 m), sie umfassen also die ganze Bandbreite
der unterschiedlichen Anforderungen. Demgegenüber können jedoch
völlig unterschiedliche Bauformen gleiche A/Ve-Verhältnisse haben.
Ein A/Ve-Verhältnis von z. B. 0,4 liegt bei unendlich vielen Abmessungen
vor; diese reichen von 15 x 15 x 15 m als Kubus über die vielfältigen
Quaderformen 10 x 15 x 30 m, 10 x 12 x 60 m bis hin zu sogar 10 x 10 x
¥ m. Obgleich die Bauformen
energetisch völlig unterschiedlich zu bewerten sind, müssen sie
alle die gleiche Anforderung an den Wärmeschutz erfüllen. Die
zwangsläufige Folge ist, daß bei der Handhabung der Verordnungen
ein großes sachlich/methodisches Durcheinander dominiert. Daraus
resultiert dann Willkür im Ergebnis. Dies wird besonders kraß
bei Superdämmungen, die schon bei kleinsten k-Wert Veränderungen
mit großen Dämmstoffdicken-Veränderungen reagieren.
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8. Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Vollgeschossen oder drei Wohnungen
"dürfen" nach dem "Vereinfachte Verfahren" bemessen werden, das Anforderungen
an die Außenbauteile stellt, die, unabhängig von der Ausführung
der Heizungsanlagen, für das Dach bei 0,17 W/m²K und für
die Grundflächen (gegen unbeheizte Räume und Erdreich) bei 0,28
W/m²K weit jenseits jeglicher Wirtschaftlichkeit liegen.
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9. Bei den Außenwänden liegen die k-Werte je nach Lage und Bauform
zwischen 0,20 und 0,56 W/m²K, je nach Wahl des Heizungssystems. Dies
führt automatisch zur Dämmschichtkonstruktion bzw. zum WDV-System.
Die bewährte monolithische Wand mit ihren vielen bauhygienischen und
bauphysikalischen Vorteilen verschwindet damit vom Markt.
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10. Die Luftwechselrate bei freier Lüftung ohne Luftdichtheitsprüfung
beträgt 0,7 h-1. Wenn die Luftdichtheit nachgewiesen wird,
dann kann ein stündlicher Luftwechsel von 0,6 h-1 angenommen
werden. Die letzte Zahl bedeutet gegenüber dem 0,8 fachen Luftwechsel
in der WSchVO 95 eine Reduzierung um 25%. Damit wäre die Forderung
der Regierung nur allein durch Änderung der Randbedingungen schon
fast erfüllt - eine vortreffliche Einsparung! Allerdings ist nicht
nachvollziehbar, warum bei dichten Gebäuden auch noch der Luftwechsel
reduziert wird? Umgekehrt wäre es logisch. Der Lüftungstest kann
nur dann "zum Standard" werden, wenn eine Skelettbauweise mit Schichtkonstruktionen
gewählt wird. Da pfeift es an allen Ecken und Enden durch die Ritzen.
Die monolithische Bauweise dagegen ist luftdicht und braucht deshalb keinen
"Luftdichtheitstest". Die Frage sei erlaubt, welcher stündliche Luftwechsel
hierfür dann anzusetzen ist: 0,6facher Luftwechsel, weil das Haus
dicht ist oder 0,7facher Luftwechsel, weil kein Test durchgeführt
wird.
11. Bei Änderung von bestehenden Gebäuden sind folgende Regelungen
besonders kritisch zu sehen:
a) Außenwände:
Bei Fachwerk sowie bei einer Innendämmung muß ein k-Wert
von 0,45 W/m²K eingehalten werden. Fachwerk wird entgegen restaurativer
Erfahrungen somit ohne Dämmstoff nicht auskommen. Eine Innendämmung
ist aus bauphysikalischen und hygienischen Gründen strikt abzulehnen.
Alle anderen Außenwände müssen einen k-Wert von 0,35 W/m²K
erhalten. Dämmstoff ist also angesagt, Speicherung dagegen wird negiert.
Besonders ist hier zu nennen: Wenn der Außenputz bei einem Bauteil
mit einem k-Wert
³0,9 W/m²K,
also einer massiven, speicherfähigen Konstruktion, erneuert wird,
dann gilt ebenfalls ein k-Wert von 0,35 W/m²K.
Die Protagonisten dieser EnEV kennen also nur Dämmstoff. Ein Altbau
muß also verpackt und damit von der Solarstrahlung abgekoppelt werden
- ein bautechnischer Nonsens. Was dies mit "Nutzung der Solarenergie" zu
tun hat, wissen nur die "k-Wert-Dogmatiker" mit ihrem Beharrungsdenken.
b) Keller:
Wenn für Wände und Decken gegen unbeheizte Räume und
gegen Erdreich k-Werte von 0,4 bzw. 0,5 W/m²K gefordert werden, dann
liegen diese Werte jenseits der Wirtschaftlichkeitsschwelle. Infolge der
vorliegenden geringeren Temperaturdifferenz zwischen innen und außen
sind diese k-Werte weit überzogen.
c) Dächer:
Auch bei Steil- und Flachdächern (k-Werte von 0,30 bzw. 0,25 W/m²K)
wird der Wirtschaftlichkeitsnachweis nur schwer zu führen sein. Auch
müssen die konstruktiven Schwierigkeiten bedacht werden, die mit der
Erfüllung dieser Anforderungen einhergehen. Da kleine k-Werte wegen
der zu geringen zusätzlichen Energieeinsparung immer zur Unwirtschaftlichkeit
führen, muß im Normalfall davon ausgegangen werden, sich durch
die in der EnEV enthaltenen Möglichkeiten von diesem Dämmdiktat
befreien zu lassen.
Welche Konsequenzen sind zu ziehen?
Bei der Brüchigkeit des gesamten EnEV-Gefüges muß die
ganze Aufmerksamkeit verstärkt den Möglichkeiten gewidmet werden,
sich durch Befreiungen dem Diktat dieser EnEV zu entziehen.
Zu § 16 Ausnahmen
Absatz (1) lautet: "Soweit bei Baudenkmälern oder sonstiger besonders
erhaltenswerter Bausubstanz die Erfüllung der Anforderungen dieser
Verordnung das Erscheinungsbild beeinträchtigen oder zu einem unverhältnismäßig
hohen Aufwand führen würde, lassen die nach Landesrecht zuständigen
Stellen Ausnahmen zu". Ein unverhältnismäßiger Aufwand
in der Erfüllung der Anforderungen besteht ohne Zweifel darin, wenn
dies nur durch unwirtschaftliche Konstruktionen zu erreichen ist. Dann
stehen einem die Ausnahmen rechtlich zu.
Absatz (2) lautet:
"Soweit durch andere als in dieser Verordnung vorgesehene Maßnahmen
die Ziele dieser Verordnung im gleichen Umfang erreicht werden, lassen
die nach Landesrecht zuständigen Stellen auf Antrag Ausnahmen zu.
In einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung kann mit
Zustimmung des Bundesrates bestimmt werden, unter welchen Bedingungen die
Voraussetzungen nach Satz 1 als erfüllt gelten".
Dieser Absatz besteht aus zwei Sätzen. Die Anwendung des Satzes
1 bietet u. a. auch die Möglichkeit, durch Berücksichtigung des
Speichervermögens einer Außenwand die stationären k-Werte
durch einen Bonus-Anteil zu verringern. In der Fachliteratur ist dies als
Solargewinnfaktor bekannt. Dieses Vorgehen wird durch Heizenergieverbrauchsanalysen
von Altbauten untermauert, ist fachlich-technisch legitim und würde
die Erfüllung der Anforderungen nachweisen.
Zu § 17 Härtefälle
Bei der grundsätzlichen Schieflage der gesamten EnEV wird diese
selbst zum Härtefall.
Der Text des § 17 lautet:
"Die nach Landesrecht zuständigen Stellen können auf Antrag
von den Anforderungen dieser Verordnung befreien, soweit die Anforderungen
im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen
Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen."
Hier wird es deutlich gesagt: ein unangemessener Aufwand ist eine unbillige
Härte. Wenn also gemäß der Forderung des EnEG die Wirtschaftlichkeit
nicht nachgewiesen werden kann, dann muß auf Antrag befreit werden.
Diese rechtliche Möglichkeit kommt bei der Umsetzung der Anforderungen
fast immer zum Tragen und sollte konsequent im Interesse der Bauherren
ausgeschöpft werden.
Zu § 18 Bußgeldvorschriften
Interessanterweise werden die Bußgeldvorschriften erst nach Fertigstellung
des Entwurfes formuliert. Offensichtlich sollen noch nicht alle Karten
des vorliegenden bautechnischen Zwanges auf den Tisch gelegt werden.
Immerhin sind die bisherigen Wärmeschutzverordnungen ohne Zwangsmaßnahmen
ausgekommen. Mit dem stetigen Verschärfen des Anforderungsniveaus
erreicht man jedoch Dämmbereiche, die gegenüber dem Bauherrn
keineswegs mehr zu verantworten sind - Unwillen und Widerstand macht sich
allgemein bemerkbar. Insofern ist es schon recht erstaunlich, daß
nun Bußgeldvorschriften die Beteiligten gefügig machen sollen.
Dabei wären Gespräche mit den kritischen Stimmen viel hilfreicher
und von so eminent wichtiger Bedeutung.
Schlußbemerkung
Das Unverständnis beim Anwender, beim Endverbraucher bleibt nicht
aus! Irrende Methodik und daraus resultierende Ungereimtheiten verbunden
mit verwirrenden Berechnungen werden dazu führen, daß immer
mehr immer weniger verstehen werden.
Es handelt sich bei der EnEV 2000 um ein bürokratisch-administratives
Mammutwerk, das nicht mehr praxisgerecht gehandhabt werden kann.
Eine generelle methodische und inhaltliche Überarbeitung ist vonnöten.
Wenn man bedenkt, daß die erste Wärmeschutzverordnung von
1977 noch mit ca. 8 Seiten, die Wärmeschutzverordnung von 1982 dann
mit 11 Druckseiten auskamen, dann kann man ermessen, daß die jetzige
Fassung mit 29 Seiten sowie zitierten Normen mit über 70 Seiten jegliche
Praktikabilität sprengt, zumal auch noch auf Normen hingewiesen wird,
die erst im Entwurf vorliegen.
Zusammenfassend muß gesagt werden:
Diese Energieeinsparverordnung muß in der vorgelegten Form aus
Gründen der Intention, der Methode, des Inhalts, des Umfangs, der
Wirtschaftlichkeit, der Baukonstruktion, der Ökologie (Dämmstoffentsorgung)
sowie der Wohnhygiene abgelehnt werden.