In Memoriam
PROF. DR. - ING. habil.
CLAUS MEIER
Architekt SRL, BayAK
Nürnberg



Wohnungsbaubestand und Wärmeschutz - Kritisches zur Energieeinsparverordnung

Brennende Fragen, konkrete Antworten


Das Bauen hat Tradition, Bauen bedeutet auch baukulturelle Entwicklung. Gesichertes Erfahrungswissen und bewährte Baumethoden aus früheren Zeiten gilt es zu bewahren, Verschüttetes ist wieder präsent und nutzbar zu machen, zumal sich "neuere Entwicklungen" zu oft als fehlerhaft erweisen.

Besonders die neue Energieeinsparverordnung (EnEV) wird heftig diskutiert; die unterschiedlichen Auffassungen prallen hart aufeinander. Im Widerstreit der Meinungen steht der interessierte Laie diesem Hin und Her hilflos gegenüber. 

Was ist nun richtig und worauf kann man sich verlassen? Was muß getan werden und welche Konsequenzen sind zu ziehen?
1. Was heißt Wärmeschutz im Altbau?
Die Grundlage für einen erforderlichen Gebäudewärmeschutz ist immer das Klima. 
 Im mediterranen Raum wird nachhaltig massiv mit speicherfähigen Materialien gebaut. Die Sonnenstrahlung ist derart intensiv, daß man sich davor schützen muß. Auch für die nächtlichen Abkühlungen ist der Massivbau hervorragend geeignet, da er die am Tage aufgenommene Energie dann in der Nacht wieder abgeben kann. Innen herrscht dadurch ein ausgeglichenes, angenehmes Raumklima. 
 Im hohen Norden mit sehr geringer (oder keiner) Sonneneinstrahlung werden mehr die "Leicht"-Konstruktionen mit guter Dämmwirkung erforderlich. Das Iglu (Schnee ist ein schlechter Wärmeleiter) kann hier als ein traditionell bedingtes Beispiel angeführt werden. 
 Wir in Mitteleuropa liegen dazwischen und brauchen beides. Die Speicherwirksamkeit und Dämmfähigkeit einer Außenkonstruktion. Dies hat Sinn und hat sich demzufolge historisch auch so entwickelt. 
Die Speicherung wird günstiger bei schweren, massiven Baustoffen, die Dämmung wird günstiger bei leichten, porösen Baustoffen. Insofern muß eine zwischen Dämmung und Speicherung liegende, gut ausgewogene Konstruktion gewählt werden. Dies ist der traditionsreiche Massivbau, der Ziegelbau. Eine solide Mischung beider Eigenschaften schafft in unseren Breiten gesunde Wohnverhältnisse und spart obendrein noch Energie. 
Auf diese Notwendigkeiten nimmt die Energieeinsparverordnung keine Rücksicht. 

2. Warum hilft Speicherung Energie sparen?
Leben auf der (speicherfähigen) Erde verdanken wir der Sonne. Solarstrahlung erwärmt nur Materie – aber keine Luft. Gäbe es diesen segensreichen Energiespender nicht, der Planet wäre kalt und unbewohnbar. Jeder kennt die wohltuende Wärme der Sonnenstrahlen; hochalpine Skifahrer genießen diese, obgleich Minusgrade herrschen. 

Gerade im Winter bei tiefliegender Sonne werden speicherfähige Wände besonders günstig mit Energie beliefert. Wird dieser kostenlose Energietransfer absorbiert, wird auch die Energiebilanz des Gebäudes günstig beeinflußt. Massivabsorber, Transparente Wärmedämmung, Sonnenkollektoren und Photovoltaik sind bekannte Techniken, um Sonnenenergie nutzbar zu machen. Nur wird diese Art einer technischen Nutzung recht teuer, da sie apparative Zusatzeinrichtungen erfordert. 

Zur Solarenergienutzung gibt es aber auch günstige Alternativen. Die simple und bewährte massive Außenwand leistet als Massivabsorber ohne zusätzliche Investitionen seit Jahrhunderten gute Dienste. Die eingespeicherte Solarenergie stoppt durch einen von außen nach innen fließenden Wärmestrom den Wärmestrom von innen nach außen. Insofern mindert gespeicherte Sonnenenergie die Transmissionswärmeverluste eines Gebäudes. Um kostenlose Solarenergie sinnvoll zu nutzen, wäre hier der goldene Mittelweg zwischen Dämmfähigkeit und Speicherfähigkeit anzustreben. Die Beschränkung allein auf die Dämmung (also den k-Wert) führt deshalb in unseren Breiten nicht zu einer energetisch optimal abgestimmten Außenwand, denn es muß nicht nur für den Winter, sondern auch für den Sommer gebaut werden. Die naturgemäß vorhandene Speicherung von massiven Außenwänden findet in der Energieeinsparverordnung keinerlei Berücksichtigung.

3. Was bedeutet der k-Wert?
Im Gebäudewärmeschutz ist der k-Wert überall präsent. Dieser wird aus der Fourierschen Wärmeleitungsgleichung, auf die man sich immer beruft, abgeleitet. Die Ursprungsgleichung besteht aus fünf Teilen, die folgende Merkmale beschreiben: 

  • a)  die Speicherfähigkeit des Baustoffes,
  • b)  Die Wärmeleitung in den drei Richtungen innen-außen, oben-unten und seitwärts, wobei die beiden letzteren unberücksichtigt bleiben, so daß nur die Richtung innen-außen verbleibt. 
  • c)  Die Solarstrahlung als sonstige Wärmequelle.
Diese allgemeine, für den instationären Zustand zutreffende Gleichung wird nun für den stationären Zustand durch die mathematische Operation einer "Nullsetzung" völlig verwandelt. Einzig aus dieser Verwandlung resultiert der dann nur für den Beharrungszustand geltende k-Wert, der bei allen Energiebedarfsberechnungen die Grundlage bildet; hier beruft man sich seltsamerweise auf „europäische Normen“. 

Diese Nullsetzung der allgemeinen Gleichung hat jedoch für die Energiebilanz einer Außenwand und damit für die tatsächlichen Transmissionswärmeverluste verheerende Folgen:

  • a) Die Speicherfähigkeit wird null; das heißt, der k-Wert berücksichtigt nicht diese in unseren Breiten so wertvolle Eigenschaft einer Außenwand als Energie-Absorber.
  • b) Es wird damit eine konstante Wärmestromdichte, die ja bei jeder Temperaturberechnung die Grundlage bildet, angenommen bzw. vorausgesetzt. Die Realität einer massiven Außenwand zeigt jedoch überall in Größe und Richtung unterschiedliche Wärmestromdichten. 
  • c) Auch die Solarstrahlung wird mit null angenommen. Dies aber kann nur in einer Klimakammer simuliert werden; in der Realität dagegen liegt immer eine Strahlung vor, selbst wenn es nur die diffuse Strahlung ist, die immerhin ca. 40 % der direkten Strahlung ausmacht. Ein Nordfenster liefert ja auch solare Wärmegewinne. 
Insofern ist der k-Wert nur eine rechnerische Fiktion. Energieverbrauchsanalysen zeigen deshalb auch die Diskrepanz zwischen Rechnung und Verbrauch. Massive, speicherfähige Wände verbrauchen weniger Energie als gerechnet, Leichtkonstruktionen jedoch mehr als gerechnet. Das Fehlerhafe einer k-Wert-Berechnung wird damit offenbar, die Unzuverlässigkeit unmißverständlich aufgezeigt. Altbauten werden somit benachteiligt. In der Energieeinsparverordnung wird allerdings nur mit dem k-Wert gerechnet.

4. Wie werden die Transmissionswärmeverluste beschrieben?
Trotz dieser entscheidenden Fehler wird von seiten der Administration und der industriefreundlichen Wissenschaft am nur für den Beharrungszustand geltenden k-Wert dogmatisch festgehalten. Obgleich er logischerweise immer falsche Ergebnisse liefert, wird der k-Wert zum fatalen Symbol des Wärmeschutzes erhoben und in allen Energiebedarfsberechnungen eingesetzt. Der k-Wert gilt nur für den stationären Zustand, für den Beharrungszustand, der im 24stündigen Rhythmus einer Tag/Nachtperiode jedoch nie eintritt. 

Warum aber spielt der k-Wert dann eine derart dominierende Rolle?
In der Heiztechnik wird bei der Wärmebedarfsberechnung seit jeher der k-Wert für die Bemessung der Heizkörper und des Heizkessels verwendet. Bei den bisherigen Massivbauten ergibt sich durch die fehlerhafte Berechnung eine Überdimensionierung der Heizungsanlage. Dies ist tolerierbar, da ein gewisser Wärmepuffer damit geschaffen wird. 

Dagegen wird bei den jetzigen Leichtbauten in Schichtenbauweise mit dem k-Wert unterdimensioniert, da der Wärmebrückeneffekt methodisch fehlerhaft berücksichtigt wird. 

Auch bei den verwendeten dynamischen Simulationsmodellen zur Aufrechterhaltung einer vorgegebenen Raumlufttemperatur wird für die Außenwand immer nur der für den Beharrungszustand gültige k-Wert verwendet. Dabei werden die für den Heizungsingenieur so wichtigen Kühllasten berechnet, damit Überheizungen infolge eindringender Solarenergie über die Fenster vermieden werden. Auch eventuelle Nachtabsenkungen werden dabei angesprochen. All diese theoretischen Untersuchungen verwenden den realitätsfernen k-Wert; sie können somit auch nicht als Begründung für die Richtigkeit herangezogen werden. Der Einsatz des k-Wertes in der Energieeinsparungsverordnung ist und bleibt fehlerhaft.

5. Führt eine k-Wert-Verschärfung zur angestrebten Energieeinsparung?
Die Novellierungen der Wärmeschutzverordnungen zum Zwecke erhöhter Energieeinsparungen bestehen stetig in einer Verschärfung der Anforderungen – sprich der k-Werte. 
Sollte die Gültigkeit des k-Wertes nun trotz der Fehlerhaftigkeit einmal angenommen werden, dann gibt es zwei Gründe, die dieses ständige Verschärfen, auch jetzt wieder besonders bei der Energieeinsparverordnung, ad absurdum führen: Dies sind der Wärmebrückeneinfluß und die Mathematik.

Bei einer Leichtkonstruktion in Schichtbauweise verstärkt sich vehement der Wärmebrückeneinfluß. Der Wärmebrückenanteil am k-Wert ist kein absoluter Wert, wie in der Energieeinsparverordnung berücksichtigt, sondern abhängig von Konstruktion und „Anforderungsniveau“. Was theoretisch durch „kleinere k-Werte“ gewonnen wird, geht durch erhöhte Wärmebrückenverluste teilweise wieder verloren. Bei der Leichtbauweise sind Wärmebrücken ein Problem. Bei einer monolithischen Massivkonstruktion dagegen spielen die Wärmebrückenverluste kaum eine Rolle: Erstens werden sie durch eine günstigere Temperaturverteilung in der Wand minimiert und zweitens werden sie durch die Absorption solarer Energie vorteilhaft überlagert und eliminiert. 

Die Verschärfung des Anforderungsniveaus durch Herunterfahren der k-Werte wird jedoch besonders aus mathematischen Gründen unsinnig. Die Funktion des k-Wertes ist eine Hyperbel, die kleine k-Werte nicht mehr nachhaltig Energie sparen läßt; sie sind nicht mehr effizient; auch die Wirtschaftlichkeit ist dann nicht mehr gegeben.

Dieses fatale Naturgesetz besagt: 

    5 cm Dämmstoff ergibt einen k-Wert von 0,8 W/m²K
  10 cm Dämmstoff ergibt einen k-Wert von 0,4 W/m²K
  20 cm Dämmstoff ergibt einen k-Wert von 0,2 W/m²K
  40 cm Dämmstoff ergibt einen k-Wert von 0,1 W/m²K
Die Verdoppelung der Dämmung führt lediglich zu einer Halbierung des k-Wertes. Welch makabres Spielchen beim "Verschärfen des Anforderungsniveaus". 

Allein dieser energetisch nutzlose Einbau von Superdämmungen ist der Grund, weshalb immer nur von prozentualen Einsparungen gesprochen wird. Bei den einzelnen oben angeführten Schritten wird der k-Wert jeweils um 50% reduziert, was eine "gewaltige" 
Energieeinsparung suggeriert. In Wirklichkeit handelt es sich bei den kleineren k-Werten um vernachlässigbare Größen. Von Umweltentlastung kann deshalb überhaupt keine Rede sein. 

Wenn dann noch bedacht wird, daß die „Verbesserung“ des k-Wertes um 0,1 W/m²K etwa 0,40 DM/m² (Konstruktionsfläche) ergeben, dann wird klar, daß das grenzenlose Herunterfahren der k-Werte unsinnig ist. Die Machbarkeit ist ein falscher, ein betrügerischer Weg für sinnvolle Energieeinsparmaßnahmen.

Das Energieeinsparungsgesetz fordert im § 5 die Wirtschaftlichkeit. Bei Erfüllung der in der Energieeinsparverordnung geforderten k-Werte wird also auch gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot im Energieeinsparungsgesetz verstoßen. 

Es ist unverantwortlich, daß der Verordnungsgeber vom Architekten, vom Planer, vom Investor mit der Energieeinsparverordnung de facto Gesetztesverstöße verlangt. 

6. Welche Nachteile ergeben sich bei der Leichtbauweise?
Infolge der einseitigen, stationären Sichtweise (gute Dämmung durch kleine k-Werte) beeinflußt dieser bautechnische Trend zur Leichtbauweise durch Überheizung das Innenklima ungünstig. Dies führt automatisch zu unbehaglichen Wohnverhältnissen, die nur mit hohem apparativen Aufwand gemildert werden können. Barackenklima ist die natürliche Folge. 

Die Abkehr von der Massivbauweise (Speicherung) und die Hinwendung zur k-Wert-minimierenden Leichtbauweise (Dämmung) bedeutet im Endergebnis einen erhöhten Energieverbrauch durch Kühlung im Sommer und Nichtnutzung solarer Energie im Winter, bedeutet verstärkte Umweltverschmutzung durch Sondermüll und erhöhte Schadensanfälligkeit durch Feuchteschäden. All diese Nachteile werden durch den monolithischen Massivbau vermieden. Mit der Energieeinsparverordnung werden falsche Weichen für das Bauen gestellt.

7. Kann am Altbau mit Wärmedämmung Energie gespart werden?
Gegenwärtig beherrscht das stationäre Denken und Rechnen der etablierten Bauphysik den Gebäudewärmeschutz. Diese Einseitigkeit benachteiligt die Altbauten. Eine Wärmedämmung aus Dämmstoff ist sehr leicht und deshalb nicht speicherfähig. Die große Dämmwirkung wird allein durch die k-Wert-Berechnung erreicht. Für Leichtkonstruktionen und Leichthäuser muß also Dämmstoff eingebaut werden. 

Der traditionelle Altbau mit seiner schweren Bausubstanz besitzt eine hohe Speicherfähigkeit, die die kostenlos zur Verfügung stehende Solarstrahlung nutzbringend verwerten kann. Bei Altbauten kann also die Speicherfähigkeit der Konstruktion mit einbezogen werden, so daß sich aus der Berücksichtigung absorbierter Solarstrahlung "effektive" k-Werte ergeben, die sogar niedriger als stationär gerechnete "Superdämmungen" sein können. Massivbauten sind auch Niedrigenergiehäuser

Insofern würde eine außen angebrachte Wärmedämmung nur den Vorteil einer speicherfähigen Wand beseitigen und diese dadurch energetisch entwerten, abgesehen von anderen Nachteilen wie z. B. die Verhinderung des Feuchtetransportes nach außen und/oder innen infolge sorptionsdichter Schichten. 

Allerdings muß vorausgesetzt werden, daß es sich mindestens um 38 cm starke, ca. 300 kg/m² schwere Massivwände handelt, die selbst schon einen relativ günstigen Dämmanteil enthalten und den fehlenden Anteil zur "energiesparenden Konstruktion" dann durch die Speicherfähigkeit der Außenwand beisteuern. Wenn also instationär gedacht und gerechnet wird, dann ist eine Wärmedämmung beim Massivbau, also auch beim Altbau, fehl am Platz. 

Diese Feststellung hat für den Altbau deshalb besondere Bedeutung, da jetzt die "Notwendigkeit" (?) proklamiert wird, den Altbaubestand infolge "schlechter k-Werte" energetisch "ertüchtigen zu müssen". Dies bedeutet dann erfahrungsgemäß die Verpackung mit Wärmedämmstoff, um niedrige k-Werte gemäß DIN 4108 berechnen zu können. Mit dieser Verpackungsstrategie in der Energieeinsparverordnung wird jedoch zusätzliche Energie kaum gewonnen. 

8. Ist eine dichte Gebäudehülle am Altbau sinnvoll?
Die Luftdichtheit der den Innenraum umgebenden Bauteile (Wand, Decke) wurde schon seit jeher gefordert. Dies war notwendig, um Kondensat infolge Abkühlung der nach außen strömenden warmen Innenraumluft im Außenwandbauteil zu vermeiden. Bei Massivbauten ist die Luftdichtheit immer gewährleistet (verputzte Außenwand und Massivdecke). Bei Skelettbauten jedoch läßt sich eine vollkommene Luftdichtheit konstruktiv-handwerklich nur schwer herstellen. Deshalb war es bei der Leichtbauweise bisher Stand der Technik, hinterlüftete Wand- bzw. belüftete Dachkonstruktionen zu wählen, damit eventuelles Kondensat ab- und weggelüftet werden konnte. 

Mit der Abschaffung der belüfteten Konstruktion durch den "Vollwärmeschutz" entstehen bei Leicht- und Skelettkonstruktionen infolge der konstruktiv nicht immer zu vermeidenden Luftundichtheit Feuchteschäden durch Luftströmung. Die Bauschadensfälle nehmen rapide zu. Dies aber kennzeichnet die unbelüftete Leicht- und Skelettkonstruktion insgesamt als eine recht fragwürdige Konstruktion. 

Anstatt nun bei solchen "windigen" Lösungen zur belüfteten Konstruktion zurückzukehren, wird die "Luftdichtheitsprüfung" geboren (wie immer wird ein Fehler durch einen zweiten Fehler zu beheben versucht). Zur Begründung werden nicht die zu erwartenden Feuchteschäden, sondern die damit zusammenhängenden Energieverluste genannt. Die durch Luftundichtheit entstehenden Energieverluste sind jedoch gegenüber dem notwendigen stündlichen Luftwechsel vernachlässigbar gering. 

Zur Vervollständigung des Durcheinanders werden in der Energieeinsparverordnung nun "alle" Bauten mit der Luftdichtheitsprüfung konfrontiert, obgleich für Massivbauten, also auch für die Altbauten, die Gefahr einer Kondensatbildung im Außenwandgefüge nicht gegeben ist. Insofern bedeutet z. B. der Slogan "Luftdichtheit senkt den Energieverlust", mit dem Büros für die "Blower-Door-Messung" werben, eine Irreführung des Kunden. Allerdings eröffnet sich hier auch  ein vielversprechender Markt, der bei Beachtung der "allgemein anerkannten Regeln der Technik" erst gar nicht entstanden wäre. 

9. Kann eine Wärmedämmung den Altbau schädigen?
Bauschäden durch Kondensat wie Schimmelpilz innen und Algenbildungen außen treten in der Praxis verstärkt auf. Die Therapievorschläge führen immer zu „besseren Dämmungen“. Damit werden jedoch nicht die Ursachen der Bauschäden beseitigt. Kondensat entsteht immer nur dann, wenn Luft auf die Taupunkttemperatur abgekühlt wird. Diese jedoch wird maßgebend von der relativen Feuchte der Luft bestimmt. Dies widerlegt das Argument, die Ursache einer Kondensatbildung sei vor allem eine mangelhafte Wärmedämmung mit zu geringer Wandoberflächentemperatur. Nicht der k-Wert ist schuld, sondern die zu hohe relative Luftfeuchtigkeit. Selbst eine "sehr gute" Dämmung kann bei hoher Luftfeuchtigkeit eine Kondensatbildung nicht verhindern. 

Alte Bausubstanz aus Gründen der Kondensatvermeidung mit Dämmstoff zu verpacken, wäre also der falscheste Weg, da die viel gravierendere Ursache der Kondensatbildung, die hohe relative Feuchte der Raumluft infolge dichter Fenster, damit nicht beseitigt wird. 

Die Nachteile wären:

- Mit einer Außendämmung wird die energiebringende und damit temperaturausgleichende Solarstrahlung von der Bausubstanz ferngehalten. Es wird die dankenswerterweise kostenlose äußere Energieversorgung gekappt. 

- Auch eine Innendämmung zieht Feuchteschäden magisch an, da das Temperaturgefüge nachteilig beeinflußt wird; man muß mit Dampfsperren arbeiten, die wiederum das Sorptionsvermögen der Außenwände stark beeinträchtigen. 

Die Bauschadensträchtigkeit dämmstoffverpackter Fassaden ist hoch. Auf die besonderen Brandgefahren sei extra hingewiesen. 

Mit der Verwendung von Dämmstoff besteht beim Altbau die große Gefahr, durch damit verursachte Bauschäden wertvolles Bausubstanz zu gefährden, wenn nicht sogar zu zerstören. Am Massivbau hat Wärmedämmstoff keine Daseinsberechtigung. 

Noch ein wichtiger Hinweis zur Kondensatbildung:
Da die Raumlufttemperatur bei einer Strahlungsheizung immer niedriger als die Wandtemperatur ist, wird Kondensatbildung konsequent vermieden. Schimmelpilzbildung entsteht also nur bei Konvektionsheizungen. 

10. Gehen von Wärmedämmungen Gesundheitsgefahren aus?
Wenn von Gesundheitsgefahren die Rede ist, dann gehen die Meinungen weit auseinander. Bedeutet Gesundheit das Fehlen einer Krankheit oder kann Gesundheit mit Wohlbefinden gleichgesetzt werden? Führt die Summe vieler Einbußen im Wohlbefinden eventuell zur Krankheit und wie reagieren die Allergiker? Trotz dieser Vielschichtigkeit und schwierigen Begriffsbildung kann festgestellt werden:

Faserige Mineraldämmstoffe stehen im Verdacht, Lungenkrebs zu fördern.
Das Dementi der Industrie kam prompt. 

Die erhöhte Brandgefahr von Wärmedämmverbundsystemen aus Hartschaum und die damit verbundene Gefährdung durch toxische Gase steht außer Zweifel. Die gesteuerten Energiespardiskussionen umgehen jedoch dieses Thema. 

Die nachträgliche energetische Sanierung einer Altbausubstanz durch ein Wärmedämmverbundsystem führt zu Veränderungen im Innenraumklima. Es dominiert das Gefühl der Feuchte - es muß deshalb verstärkt gelüftet werden. Mit dem Aufbringen von Dämmstoffen an alter Bausubstanz wird das Sorptionsverhalten wesentlich verändert, da die notwendigen Sorptionseigenschaften fehlen. Die Transportrichtung von Wärme und Feuchte muß immer gleich sein. Wird die Feuchte infolge sorptionsdichter Außenschichten nach innen abgegeben, dann ist falsch konstruiert worden. 

Gerade die Sorptionseigenschaften einer massiven Außenschale tragen zum Wohlbefinden bei. Das hohe Temperaturniveau infolge absorbierter Solarstrahlung führt zu verstärkten diffusiven und kapillaren Feuchtetransporten nach außen. Die Außenkonstruktion bleibt dann auch bei erhöhten Feuchtebelastungen trocken. 

Bei übermäßiger Feuchteproduktion (Kochen in der Küche, Duschen im Bad, viel Blumen und ein Aquarium im Wohnzimmer) nehmen sorptionsfähige Schichten (z. B. Kalkputz, Holzverkleidungen) die Feuchtespitzen auf und puffern diese ab; es findet ein Ausgleich der relativen Feuchten zwischen Raumluft und Wandoberfläche statt. 

Ähnlich verhält sich eine speicherfähige Innenoberfläche auf thermische Spitzen. Erfolgt eine Überhitzung des Raumes, dann bauen absorptionsfähige Oberflächen die erhöhten Temperaturen ab, es findet ein Temperaturausgleich statt. Fehlen sorptionsfähige Oberflächenmaterialien im Raum, dann muß für die Wohngesundheit mit hohem technischen Aufwand und viel Geld Ersatz für die nicht vorhandenen günstigen Materialeigenschaften geschaffen werden: Überheizung muß mit Kühlung, eine hohe Raumluftfeuchte mit Lüftungs- bzw. Klimaanlage begegnet werden - beides zwar technisch machbar, aber für den Normalfall nicht empfehlenswert. Anschaffung und Betrieb wären zu kostenaufwendig. 

Das Schallverhalten einer Außenwand kann durch eine Wärmedämmverbundsystem ungünstig beeinflußt werden, die Schalldämmung wird verschlechtert. 

Die psychologischen und physiologischen Auswirkungen "neuer Bauweisen" werden nur recht zaghaft zur Diskussion gestellt. In diesem Zusammenhang muß das "Sick-Building-Syndrom" erwähnt werden. Altbausubstanz kennt diese Gefahren nicht. Die Energieeinsparverordnung nimmt auf all diese wichtigen und entscheidenden Dinge keine Rücksicht. 

11. Wie sind DIN-Normen zu werten?
Allgemein verbindlich sind nur die "allgemein anerkannten Regeln der Technik". Dem stehen die DIN-Normen gegenüber. Im Bauvertragsrecht spielen diese erst dann eine Rolle, wenn sie als Vertragsbestandteil besonders vereinbart werden. Sich auf Normen zu stützen, ist nicht immer Verlaß, denn es muß beachtet werden:

  • DIN ist ein Selbstverwaltungsorgan der Wirtschaft und seit über 75 Jahren privatrechtlich organisiert.
  • Im Vorspann von zusammengefaßten DIN-Normen steht in den "Hinweisen für den Anwender":
  • "DIN-Normen sollen sich als "anerkannte Regeln der Technik" einführen. Bei sicherheitstechnischen Festlegungen in DIN-Normen besteht überdies eine tatsächliche Vermutung dafür, daß sie "anerkannte Regeln der Technik" sind. DIN-Normen sind nicht die einzige, sondern eine Erkenntnisquelle für technisch ordnungsgemäßes Verhalten im Regelfall. Durch das Anwenden von Normen entzieht sich niemand der Verantwortung für eigenes Handeln. Jeder handelt insofern auf eigene Gefahr". 
  • Deutlicher kann die Unverbindlichkeit von DIN-Normen nicht charakterisiert werden. Trotzdem versucht DIN den Eindruck zu erwecken, eine a. a. R. d. Bt. zu sein, scheut sich aber offensichtlich vor der Verantwortung.
  • In einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts steht unter anderen:
  • "Daneben gehören den Normausschüssen des DIN aber auch Vertreter bestimmter Branchen und Unternehmen an, die deren Interessenstandpunkte einbringen. Die Ergebnisse ihrer Beratungen dürfen deshalb im Streitfall nicht unkritisch als geronnener Sachverstand oder als reine Forschungsergebnisse verstanden werden“. 
  • Und weiter: „Andererseits darf aber nicht verkannt werden, daß es sich dabei zumindest auch um Vereinbarungen interessierter Kreise handelt, die eine bestimmte Einflußnahme auf das Marktgeschehen bezwecken".
  • In BGH-Urteilen wird diese Sachlage bestätigt.
DIN ist also eine denkbar schlechte Basis für den Nachweis wissenschaftlicher Richtigkeit. 

Es stellen sich damit für den Praktiker folgende Fragen:

  • Können Schreibtisch-Normen bewährtes Erfahrungswissen in der Bautechnik ablösen? 
  • Sind die aus der Erfahrung heraus gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse oder statt dessen Vereinbarungen interessierter Kreise wichtig? 
  • Soll kreatives Ingenieursdenken durch administrative Verordnungstexte ersetzt werden?
Wie "flexibel" DIN-Normen sind, zeigt der Feuchtenachweis in der DIN 4108. Früher war eine trockene Konstruktion Stand der Technik. DIN paßte sich dem an und deshalb hieß es in der DIN 4108, "Wärmeschutz im Hochbau" früherer Jahre: 
"Auch im Innern von unsachgemäß aufgebauten Bauteilen kann Tauwasser auftreten, besonders dann, wenn sie mehrschichtig und die Schichten unzweckmäßig hintereinander angeordnet sind". 

Tauwasser in der Konstruktion war damals also nicht Stand der Technik und galt demzufolge als unsachgemäß! Heute bietet die Industrie Chemieprodukte an, die bei Schichtkonstruktionen wegen der gefährlichen Sorptionsdichtheit und der ungenügenden Diffusionsfähigkeit automatisch zur Tauwasserbildung führen. 

Die DIN mußte deshalb "technisch weiterentwickelt" werden. Die Auffassung von der Notwendigkeit einer kondensatfreien Konstruktion wurde korrigiert. Jetzt darf im Winter Tauwasser bis zu 1 Liter (bzw. ½ Liter) pro Quadratmeter auftreten, wenn dieses im Sommer wieder ausdiffundiert! 

Die dem Nutzer dienende Forderung nach Kondensatfreiheit der Konstruktion wurde umgedeutet in eine jährliche Tauwasserbilanz. Laßt doch die Konstruktion im Winter feucht werden, die Hauptsache ist, daß sie im Sommer wieder austrocknet. Welch ein technischer Fortschritt, wenn man bedenkt, daß trockene Konstruktionen nicht im Sommer, sondern im Winter wichtig werden. 

Die DIN behandelt im Teil 5 nur den Feuchtetransport durch Diffusion. Viel wichtiger und entscheidender ist jedoch der kapillare Transport von Feuchtigkeit, der an die Außenoberfläche treten und dort verdunsten kann. Kapillarer Wassertransport wird jedoch durch Chemieprodukte wie Dämmschichten, Folien und Beschichtungen weitgehend unterbunden. Bei WDV-Systemen besteht deshalb immer die Gefahr, daß Konstruktionen durchfeuchten. Besonders bei der Innendämmung muß damit gerechnet werden. All dies führt zu ungesunden Wohnverhältnissen. 

DIN-Normen (und jetzt Euro-Normen EN) sind industrie- und wirtschaftsorientiert. Demzufolge haben sich "fortentwickelte Normen" oft als fehlerhaft und falsch erwiesen. 

Bei der Unverbindlichkeit der Normen ist auch der Versuch in der Energieeinsparverordnung § 15 bedenklich, Normen nun auf dem Verordnungswege zu a. a. R. d. T. umfunktionieren zu wollen; das rechtliche und fachliche Durcheinander wäre vollkommen. 

Wegen der technischen Fehler in der DIN, übertriebener Kooperation mit der Wirtschaft und des großen lobbyistischen Einflusses der Industrie müssen die DIN-Vorschriften mit großer Zurückhaltung und Vorsicht angewendet werden. Mehr Verlaß ist auf die a. a. R. d. Bt, die sich von der Bindung der Industrie loslösen (sollten). 

Es werden Regelungen in der DIN vorgeschlagen, die teilweise von unzutreffenden Voraussetzungen ausgehen und gegen Naturgesetze verstoßen. DIN fühlt sich demzufolge mehr dem Marktgesetz einer Produkteinführung mit parallel beabsichtigter Gewinnmaximierung verpflichtet als dem Handwerker, dem Ingenieur und dem Kunden. Was dem Verbraucher hier zugemutet wird, entspricht nicht mehr einem vernünftigen Handeln. Bei der Energieeinsparungsverordnung stützt man sich weitgehend auf eingeführte DIN-Normen. 

12. Liegen weitere Widersprüche in der Energieeinsparverordnung vor?
Durch die normierten Randbedingungen reduziert sich die Energieeinsparverordnung zu einem km-Wert-Verfahren. Genauso, wie der dritte Entwurf der WSchVO 1995, der als "Energiebilanzverfahren mit neuer Methodik" gefeiert wurde, zu einem km-Verfahren mit sieben Varianten mutiert, genauso verwandelt sich die EnEV zu einem km-Verfahren - allerdings mit noch mehr Varianten. Da die Energieeinsparverordnung wiederum wie bisher den Nachweis über die so beliebten k-Werte fordert, führt diese grundsätzliche Fehleinschätzung zu weiteren fehlerhaften Regelungen:

  • 1. Die energetische Gleichmacherei aller Bauten durch einheitliche "Anforderungen" entspricht nicht der klimatischen Vielfalt in der Bundesrepublik. Hier ergeben sich große Diskrepanzen zwischen wärmeren und kälteren Regionen. Frühere Vorschriften haben noch drei Wärmedämmgebiete unterschieden, heute wird überall "gleich gedämmt". Diese Vereinheitlichung des Dämmstoffeinbaues dient deshalb ausschließlich den Vermarktungsinteressen der Fertighaushersteller und Systemanbieter, die ihre Produkte überall verkaufen wollen. Auch dem ausländischen Anbieter werden damit einheitliche Lieferbedingungen eingeräumt. Handwerkliche Erfahrung und regionalspezifische Bauweisen gehen dabei verloren.
  • 2. Man unterscheidet Primärenergie, Heizenergie und Heizwärme. Die Begriffsausweitungen nehmen zu und man hat den Eindruck, daß komplizierte Begriffsdefinitionen Fachlichkeit und Genauigkeit betonen sollen. Ein Gesamtheizenergiebedarf kennzeichnet doch aber nicht den Verbrauch (und auf den kommt es an), denn es wird wiederum nur mit normierten Annahmen gerechnet - und das auch noch bei einer falschen, weil stationären Basis. Die Diskrepanz zwischen (falscher) Beharrungszustands-Rechnung, dem Bedarf, und tatsächlichem Verbrauch wird auch deshalb zunehmen, weil die verwendeten "normierte Daten" radikal vermehrt werden.
  • 3. Der Nutzwärmebedarf für die Warmwasserbereitung wird für Wohngebäude mit dem konstanten Wert von 4 kWh/m³a, für andere Gebäude von 0 kWh/m³a angesetzt. Zunächst einmal ist zu sagen: Konstante Werte können weggelassen werden, sie "bereichern" nur unnötigerweise die Berechnung. Zum anderen ist zu sagen: Gerade der Warmwasserverbrauch ist doch nicht überall konstant - und was geschieht bei den anderen Gebäuden, liegt er dort denn überall bei Null? Die Berücksichtigung des Warmwassers kumuliert jedoch vollends zur Farce, da der zulässige Jahres-Heizwärmebedarf Q der Tab. 1 um diese konstanten Werte "überschritten werden kann". Was soll dann die Einbeziehung des Warmwassers? Dies ist völlig unsinnig. Warum kann hier nur wegen des Warmwasserbedarfs die maximale Begrenzung des Heizenergiebedarfs überschritten werden? Dies widerspricht doch dem Grundgedanken, den Heizenergiebedarf von Gebäuden zu begrenzen. 
  • 4. Die Wärmeverluste des Heizsystems werden als „Verlustgröße“ des Gebäudes behandelt. Hier ist die Frage zu stellen, wo denn diese Verluste bleiben? Es ist doch wohl anzunehmen, daß sie im Gebäude verbleiben und somit nicht als Heizsystem-Verluste, sondern als innere Wärmegewinne zu betrachten sind. 
  • 5. Auch die aus der Umwelt genommene Wärme wird berücksichtigt. Nirgends ist jedoch ein Hinweis zu finden, daß absorbierte Solarstrahlung mittels Speicherung durch Außenwände berücksichtigt wird. Aber eine solche Form der Nutzung "erneuerbarer Energien" wird systematisch ignoriert, der Beharrungszustand vehement verteidigt, damit der k-Wert bleibt und die Superdämmungen ihre Chance bekommen.
  • 6. Es werden wie bisher vom Volumen Ve  und von der Nutzfläche AN abhängige Höchstwerte aufgelistet. Da das Verhältnis Nutzfläche zu Volumen mit 0,32 festgelegt ist und das Verhältnis der beiden Anforderungsniveaus Q' zu Q" ebenfalls 0,32 beträgt, ist es völlig egal, ob über das Volumen oder über die Nutzfläche gerechnet wird; in beiden Fällen kommt das gleiche Ergebnis heraus. Diese völlig unnötige Unterscheidung soll offensichtlich nur eine nicht vorhandene Vielfalt der Bearbeitung vortäuschen. 
  • 7. Auch die Abhängigkeit des Anforderungsniveaus vom A/Ve-Verhältnis ist methodisch widersinnig. Man meint, ein großes A/Ve-Verhältnis beschreibe differenzierte und gestalterisch aufgelockerte Baukörper, ein kleines A/Ve-Verhältnis dagegen einen kompakten, energiesparenden Baukörper. Dies stimmt nur für gleiche Gebäudevolumen, stimmt also nicht generell. Diese Vorstellung wird aber nun unzulässigerweise verallgemeinert und findet deshalb als Maßstab für das Anforderungsniveau im Wärmeschutz Berücksichtigung. Immerhin kann ein Kubus als extrem günstige Form energiesparenden Bauens völlig unterschiedliche A/Ve-Verhältnisse aufweisen. Die Werte reichen von 0,25 (Kantenlänge 24 m) bis 1,2 (Kantenlänge 5 m), sie umfassen also die ganze Bandbreite der unterschiedlichen Anforderungen. Demgegenüber können jedoch völlig unterschiedliche Bauformen gleiche A/Ve-Verhältnisse haben. Ein A/Ve-Verhältnis von z. B. 0,4 liegt bei unendlich vielen Abmessungen vor; diese reichen von 15 x 15 x 15 m als Kubus über die vielfältigen Quaderformen 10 x 15 x 30 m, 10 x 12 x 60 m bis hin zu sogar 10 x 10 x ¥ m. Obgleich die Bauformen energetisch völlig unterschiedlich zu bewerten sind, müssen sie alle die gleiche Anforderung an den Wärmeschutz erfüllen. Die zwangsläufige Folge ist, daß bei der Handhabung der Verordnungen ein großes sachlich/methodisches Durcheinander dominiert. Daraus resultiert dann Willkür im Ergebnis. Dies wird besonders kraß bei Superdämmungen, die schon bei kleinsten k-Wert Veränderungen mit großen Dämmstoffdicken-Veränderungen reagieren.
  • 8. Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Vollgeschossen oder drei Wohnungen "dürfen" nach dem "Vereinfachte Verfahren" bemessen werden, das Anforderungen an die Außenbauteile stellt, die, unabhängig von der Ausführung der Heizungsanlagen, für das Dach bei 0,17 W/m²K und für die Grundflächen (gegen unbeheizte Räume und Erdreich) bei 0,28 W/m²K weit jenseits jeglicher Wirtschaftlichkeit liegen. 
  • 9. Bei den Außenwänden liegen die k-Werte je nach Lage und Bauform zwischen 0,20 und 0,56 W/m²K, je nach Wahl des Heizungssystems. Dies führt automatisch zur Dämmschichtkonstruktion bzw. zum WDV-System. Die bewährte monolithische Wand mit ihren vielen bauhygienischen und bauphysikalischen Vorteilen verschwindet damit vom Markt.
  • 10. Die Luftwechselrate bei freier Lüftung ohne Luftdichtheitsprüfung beträgt 0,7 h-1. Wenn die Luftdichtheit nachgewiesen wird, dann kann ein stündlicher Luftwechsel von 0,6 h-1 angenommen werden. Die letzte Zahl bedeutet gegenüber dem 0,8 fachen Luftwechsel in der WSchVO 95 eine Reduzierung um 25%. Damit wäre die Forderung der Regierung nur allein durch Änderung der Randbedingungen schon fast erfüllt - eine vortreffliche Einsparung! Allerdings ist nicht nachvollziehbar, warum bei dichten Gebäuden auch noch der Luftwechsel reduziert wird? Umgekehrt wäre es logisch. Der Lüftungstest kann nur dann "zum Standard" werden, wenn eine Skelettbauweise mit Schichtkonstruktionen gewählt wird. Da pfeift es an allen Ecken und Enden durch die Ritzen. Die monolithische Bauweise dagegen ist luftdicht und braucht deshalb keinen "Luftdichtheitstest". Die Frage sei erlaubt, welcher stündliche Luftwechsel hierfür dann anzusetzen ist: 0,6facher Luftwechsel, weil das Haus dicht ist oder 0,7facher Luftwechsel, weil kein Test durchgeführt wird. 
11. Bei Änderung von bestehenden Gebäuden sind folgende Regelungen besonders kritisch zu sehen:
a) Außenwände:
Bei Fachwerk sowie bei einer Innendämmung muß ein k-Wert von 0,45 W/m²K eingehalten werden. Fachwerk wird entgegen restaurativer Erfahrungen somit ohne Dämmstoff nicht auskommen. Eine Innendämmung ist aus bauphysikalischen und hygienischen Gründen strikt abzulehnen. Alle anderen Außenwände müssen einen k-Wert von 0,35 W/m²K erhalten. Dämmstoff ist also angesagt, Speicherung dagegen wird negiert. Besonders ist hier zu nennen: Wenn der Außenputz bei einem Bauteil mit einem k-Wert ³0,9 W/m²K, also einer massiven, speicherfähigen Konstruktion, erneuert wird, dann gilt ebenfalls ein k-Wert von 0,35 W/m²K. 

Die Protagonisten dieser EnEV kennen also nur Dämmstoff. Ein Altbau muß also verpackt und damit von der Solarstrahlung abgekoppelt werden - ein bautechnischer Nonsens. Was dies mit "Nutzung der Solarenergie" zu tun hat, wissen nur die "k-Wert-Dogmatiker" mit ihrem Beharrungsdenken.

b) Keller:
Wenn für Wände und Decken gegen unbeheizte Räume und gegen Erdreich k-Werte von 0,4 bzw. 0,5 W/m²K gefordert werden, dann liegen diese Werte jenseits der Wirtschaftlichkeitsschwelle. Infolge der vorliegenden geringeren Temperaturdifferenz zwischen innen und außen sind diese k-Werte weit überzogen.

c) Dächer:
Auch bei Steil- und Flachdächern (k-Werte von 0,30 bzw. 0,25 W/m²K) wird der Wirtschaftlichkeitsnachweis nur schwer zu führen sein. Auch müssen die konstruktiven Schwierigkeiten bedacht werden, die mit der Erfüllung dieser Anforderungen einhergehen. Da kleine k-Werte wegen der zu geringen zusätzlichen Energieeinsparung immer zur Unwirtschaftlichkeit führen, muß im Normalfall davon ausgegangen werden, sich durch die in der EnEV enthaltenen Möglichkeiten von diesem Dämmdiktat befreien zu lassen. 

Welche Konsequenzen sind zu ziehen?
Bei der Brüchigkeit des gesamten EnEV-Gefüges muß die ganze Aufmerksamkeit verstärkt den Möglichkeiten gewidmet werden, sich durch Befreiungen dem Diktat dieser EnEV zu entziehen.

Zu § 16 Ausnahmen
Absatz (1) lautet: "Soweit bei Baudenkmälern oder sonstiger besonders erhaltenswerter Bausubstanz die Erfüllung der Anforderungen dieser Verordnung das Erscheinungsbild beeinträchtigen oder zu einem unverhältnismäßig hohen Aufwand führen würde, lassen die nach Landesrecht zuständigen Stellen Ausnahmen zu". Ein unverhältnismäßiger Aufwand in der Erfüllung der Anforderungen besteht ohne Zweifel darin, wenn dies nur durch unwirtschaftliche Konstruktionen zu erreichen ist. Dann stehen einem die Ausnahmen rechtlich zu. 

Absatz (2) lautet:
"Soweit durch andere als in dieser Verordnung vorgesehene Maßnahmen die Ziele dieser Verordnung im gleichen Umfang erreicht werden, lassen die nach Landesrecht zuständigen Stellen auf Antrag Ausnahmen zu. In einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt werden, unter welchen Bedingungen die Voraussetzungen nach Satz 1 als erfüllt gelten".
Dieser Absatz besteht aus zwei Sätzen. Die Anwendung des Satzes 1 bietet u. a. auch die Möglichkeit, durch Berücksichtigung des Speichervermögens einer Außenwand die stationären k-Werte durch einen Bonus-Anteil zu verringern. In der Fachliteratur ist dies als Solargewinnfaktor bekannt. Dieses Vorgehen wird durch Heizenergieverbrauchsanalysen von Altbauten untermauert, ist fachlich-technisch legitim und würde die Erfüllung der Anforderungen nachweisen.

Zu § 17 Härtefälle
Bei der grundsätzlichen Schieflage der gesamten EnEV wird diese selbst zum Härtefall. 
Der Text des § 17 lautet:
"Die nach Landesrecht zuständigen Stellen können auf Antrag von den Anforderungen dieser Verordnung befreien, soweit die Anforderungen im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen." 

Hier wird es deutlich gesagt: ein unangemessener Aufwand ist eine unbillige Härte. Wenn also gemäß der Forderung des EnEG die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen werden kann, dann muß auf Antrag befreit werden. Diese rechtliche Möglichkeit kommt bei der Umsetzung der Anforderungen fast immer zum Tragen und sollte konsequent im Interesse der Bauherren ausgeschöpft werden. 

Zu § 18 Bußgeldvorschriften
Interessanterweise werden die Bußgeldvorschriften erst nach Fertigstellung des Entwurfes formuliert. Offensichtlich sollen noch nicht alle Karten des vorliegenden bautechnischen Zwanges auf den Tisch gelegt werden. 

Immerhin sind die bisherigen Wärmeschutzverordnungen ohne Zwangsmaßnahmen ausgekommen. Mit dem stetigen Verschärfen des Anforderungsniveaus erreicht man jedoch Dämmbereiche, die gegenüber dem Bauherrn keineswegs mehr zu verantworten sind - Unwillen und Widerstand macht sich allgemein bemerkbar. Insofern ist es schon recht erstaunlich, daß nun Bußgeldvorschriften die Beteiligten gefügig machen sollen. Dabei wären Gespräche mit den kritischen Stimmen viel hilfreicher und von so eminent wichtiger Bedeutung.

Schlußbemerkung
Das Unverständnis beim Anwender, beim Endverbraucher bleibt nicht aus! Irrende Methodik und daraus resultierende Ungereimtheiten verbunden mit verwirrenden Berechnungen werden dazu führen, daß immer mehr immer weniger verstehen werden. 

Es handelt sich bei der EnEV 2000 um ein bürokratisch-administratives Mammutwerk, das nicht mehr praxisgerecht gehandhabt werden kann. 
Eine generelle methodische und inhaltliche Überarbeitung ist vonnöten. 

Wenn man bedenkt, daß die erste Wärmeschutzverordnung von 1977 noch mit ca. 8 Seiten, die Wärmeschutzverordnung von 1982 dann mit 11 Druckseiten auskamen, dann kann man ermessen, daß die jetzige Fassung mit 29 Seiten sowie zitierten Normen mit über 70 Seiten jegliche Praktikabilität sprengt, zumal auch noch auf Normen hingewiesen wird, die erst im Entwurf vorliegen. 

Zusammenfassend muß gesagt werden:
Diese Energieeinsparverordnung muß in der vorgelegten Form aus Gründen der Intention, der Methode, des Inhalts, des Umfangs, der Wirtschaftlichkeit, der Baukonstruktion, der Ökologie (Dämmstoffentsorgung) sowie der Wohnhygiene abgelehnt werden.
   

03.09.2001