In Memoriam
PROF.
DR. - ING.
habil. CLAUS MEIER
Architekt SRL, BayAK
Nürnberg
DIN – Normen - ein Instrument der Täuschung
DIN-Vorschriften
können nicht als "technische Regeln" verwendet werden, weil von DIN selbst
deren Unverbindlichkeit erklärt wird; es wird keine Verantwortung
für die in DIN gemachten Konstruktionsvorschläge übernommen. Insofern erlangen
sie nicht die Bedeutung von allgemein anerkannten Regeln der Technik. Auch
das StGB kennt hier nur den Begriff der a. a. R. d. T. Die Verbindlichkeit
der DIN-Vorschriften muß erst vertraglich vereinbart werden. [4].
Hinweise von DIN
Auf DIN-Normen ist sachlich kein Verlaß, denn es heißt dort (u. a. in [1]):
"Durch das Anwenden von Normen entzieht sich niemand der Verantwortung
für eigenes Handeln. Jeder handelt insoweit auf eigene Gefahr".
"Die DIN-Normen haben kraft Entstehung, Trägerschaft, Inhalt und Anwendungsbereich den Charakter von Empfehlungen".
"DIN-Normen an sich haben keine rechtliche Verbindlichkeit".
"DIN-Normen dienen der Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe,
z. B. des Begriffes Stand der Technik".
Dies sind klare und eindeutige Aussagen –
jeder sollte sich dies zu eigen machen. DIN-Normen sollten wegen der Fragwürdigkeit
ihrer Entstehung einen möglichst geringen Stellenwert bekommen. Konstruktionen
gemäß DIN können fehlerhaft, Konstruktionen nicht gemäß DIN können fehlerfrei
sein.
Dies wird verständlich, wenn es bei DIN heißt [1], [2]:
"Die Mitgliedschaft im DIN sichert einen Einfluß auf die normungspolitischen
Entscheidungen des DIN".
"Die Förder- und Kostenbeiträge der Wirtschaft ... sind ein praxisnahes
Steuerungsinstrument für die Normungsarbeit".
"DIN ist auf Kostenbeiträge der Wirtschaft angewiesen, mit denen die Arbeit der
Normenausschüsse gefördert wird. Die Förderbeiträge sind ein Gradmesser
für die Notwendigkeit von Normungsvorhaben und ein praxisnahes
Steuerungsinstrument für die Normungsprogramme".
"An der Normungsarbeit interessierte Firmen, Institutionen und Verbände können
Förderbeiträge zentral abführen".
"Wer die Normungsarbeit weder
durch einen Förderbeitrag noch durch einen Kostenbeitrag finanziell unterstützt,
kann von der Mitarbeit ausgeschlossen werden".
Wer also zum finanziellen Gedeihen des DIN
mit beiträgt, kann mit entsprechenden Normungsleistungen rechnen, die den
Geldeinsatz mehr als ausgleichen dürfte. Das Zustandekommen so mancher dubioser
DIN-Normen wird damit verständlich. Immerhin werden auch zu viele methodische
und inhaltliche Fehler nachweisbar in den DIN-Vorschriften festgeschrieben
[5].
Bei entsprechenden finanziellen Beiträgen
der Wirtschaft wird dann auch viel genormt. Die festzustellende Verordnungs-
und Normenschwemme läßt darauf schließen, daß hier Gelder zur Genüge fließen.
Da es sich bei den DIN-Normen um Vereinbarungen, keineswegs jedoch um wissenschaftliche Erkenntnisse handelt, häufen sich die genormten Fehler - die Folge ist dann produzierter Normungsschrotts [5].
Meersburg – Urteil
Das Bundesverwaltungsgericht hat zu den Normenausschüssen festgestellt [3]:
"Daneben gehören ihnen aber auch Vertreter bestimmter Branchen und
Unternehmen an, die deren Interessenstandpunkte einbringen".
"Andererseits darf aber nicht verkannt werden, daß es sich dabei zumindest auch
um Vereinbarungen interessierter Kreise handelt, die eine bestimmte Einflußnahme
auf das Marktgeschehen bezwecken".
Den Anforderungen, die etwa an die Neutralität und Unvoreingenommenheit
gerichtlicher Sachverständiger zu stellen sind, genügen sie deswegen nicht".
Auch BGH-Urteile verdeutlichen die Unverbindlichkeit von DIN-Normen [4].
BGH – Urteile
BGH, Urteil vom 17.12.1996
Wie ist eine Minderung des Werklohnes zu berechnen?
BGB § 472 (Minderung), § 633 (Mangelbeseitigung),
§ 634 (Wandelung und Minderung nach Fristablauf). [IBR 1997, Privates Baurecht,
S. 368]
Ein Werk ist unabhängig davon, ob die anerkannten
Regeln der Technik eingehalten sind, fehlerhaft, wenn es nicht den Anforderungen
des vertraglich vorausgesetzten Gebrauchs entspricht.
Fazit:
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Maßgebend
sind also die vertraglichen Vereinbarungen. Selbst die anerkannten Regeln
der Technik sind nicht bindend - und erst recht nicht die DIN-Normen.
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BGH, Urteil vom 22.01.1998
Muß Architekt die Wirtschaftlichkeit eines Gebäudes optimieren?
BGB § 634 (Wandelung und Minderung nach Fristablauf), § 635 (Schadensersatz).
[IBR 1998, Architekten und Ingenieurrecht, S. 157]
Ein Mangel des Architektenwerks kann vorliegen,
wenn übermäßiger Aufwand getrieben wird. Sofern die Nutzflächen und Geschoßhöhen
nicht den Vorgaben entsprächen, könne die Planung mangelhaft sein. Das gleiche
gelte, wenn bei der Wärmedämmung oder der Dachkonstruktion überflüssiger
Aufwand betrieben worden sei. Eine unwirtschaftliche Planung könne auch dann
mangelhaft sein, wenn sie sich im Rahmen der vorgegebenen Kosten halte.
Fazit:
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Entscheidend
ist also die Wirtschaftlichkeit einer Baukonstruktion (Vermeidung übermäßigen
Aufwandes). Ist die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben, kann die Planung mangelhaft
sein - mit allen Konsequenzen (Minderung des Werklohnes).
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BGH, Urteil vom 14.05.1998
Luftschallschutz: Wann liegt Mangel vor?
BGB § 633 (Mangelbeseitigung). [IBR 1998, Privates Baurecht, S. 376]
Der BGH wendet sich gegen die DIN-Gläubigkeit vieler Baubeteiligten. Es
kommt in erster Linie nicht auf die Einhaltung der DIN-Normen an; wichtig
ist:
(1) Welches Schalldämm-Maß haben die Parteien vereinbart?
(2) Aus der bloßen Beachtung der DIN-Normen folgt noch
nicht, daß damit auch die anerkannten Regeln der Technik
genügt ist.
Gibt es keine Vereinbarung, so kommt es auf die anerkannten Regeln der Technik an.
Fazit:
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In der
juristischen Rangfolge kommen zunächst die anerkannten Regeln der Technik.
DIN-Normen spielen für die Beurteilung keine Rolle.
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BGH, Urteil vom 14.05 1998
Welche Bedeutung haben DIN-Normen?
BGB § 633 (Mangelbeseitigung). [IBR 1998, Privates Baurecht, S. 377]
Die DIN-Normen sind keine Rechtsnormen, sondern private technische Regelungen
mit Empfehlungscharakter. Sie können die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben
oder hinter diesen zurückbleiben. Nach BGH kommt es auf die Einhaltung der
anerkannten Regeln der Technik an. Diese dürfen keineswegs mit den DIN-Normen
identisch gesetzt werden. Die Mangelfreiheit kann nicht ohne weiteres einer
DIN-Norm entnommen werden. Maßgebend ist nicht, welche DIN-Norm gilt, sondern
ob die Bauausführung zur Zeit der Abnahme den anerkannten Regeln der Technik
entspricht.
Fazit:
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Selbst
bei Einhaltung der gültigen Norm besteht ein Mangel, wenn die anerkannten
Regeln der Technik nicht eingehalten werden. Vorsicht also bei der Anwendung
von DIN-Normen.
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Literatur:
- Die Finanzierung des DIN. Herausgeber: Deutsches Institut für Normung e. V. 1998
- DIN – Etwas über DIN. Herausgeber: Deutsches Institut für Normung e. V. 1998
- "Meersburg-Urteil": Bundesverwaltungsgericht Aktenzeichen 4 C 33 - 35/83,
Urteil vom 22.05.87. Fundstelle: Neue Juristische Wochenschrift 1987, H.
45, S. 2888 (Quelle: Raimund Probst - Frankfurt).
- Meier, C.: Alles was recht ist. Rechtliche Randbedingungen des Gebäudewärmeschutzes. bausubstanz 2000, H. 2, S. 45
- Meier, C. Richtig bauen – Bauphysik im Widerstreit – Probleme und Lösungen.
Renningen-Malmsheim: expert verlag, 2. Auflage 2003, 265 Seiten. ISBN: 3-8169-2187-6
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